Geschichten der Migration im Gedächtnis der Kultur1
Was leisten Begriffe? Sie beschreiben unsere Sicht auf die Dinge und steuern unsere Sprache. In ihnen sehen wir gewisse Fähigkeiten, die uns bei der Gestaltung unserer vermeintlich subjektiven Sicht auf die Dinge dienlich sind. Offensichtlich sagen Begriffe auch etwas darüber, wie wir die Welt um uns wahrnehmen; mit anderen Worten bilden wir mit ihnen die Ausdrucksseite unserer Weltanschauung. Allerdings drücken wir durch sie nicht allein das aus, was wir zu meinen glauben, sondern stiften mit ihnen auch ein Wissen, mit dem wir die Deutungshoheit über unsere Wahrnehmung beanspruchen. Es gebe, so Michel Foucault, keine Machtbeziehung, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstruiere, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetze und konstruiere (vgl. Foucault 1994: 39). Das Verhältnis von Wissen und Macht steht schon länger im kritischen Blick literaturwissenschaftlicher Theoriebildungen. Allen voran diskutieren die postkolonialen Studien und die Alteritätstheorien, dass das reziproke Verhältnis von Wissen und Macht quer durch die Kulturen Mechanismen in Gang setzt, mit denen die Macht sich stärker in unsere Gesellschaft einschreibt, herstellt, steigert und intensiviert.2 Die Mechanismen der Macht, denken wir weiter, lassen aber auch Grenzbereiche sichtbar werden, in denen der Einzelne sich eben nicht von der Macht ergreifen lässt, sondern die (vermeintliche) Freiheit entdeckt, selbst zu handeln, zu verstehen und zu entscheiden. Wir sehen uns also einer zweifachen Herausforderung ausgesetzt: Auf der einen Seite begegnen uns individuell, kollektiv und kulturell bedingte Erscheinungsformen; auf der anderen Seite versuchen wir, solche vielfältigen Erscheinungsformen durch eine begriffliche Kategorisierung verständlich zu machen. Das Ziel der Kategorisierung erwiese sich jedoch als verfehlt, würde der Begriff vielfältige Formen und Bedeutungen vereindeutigen. In der literaturwissenschaftlichen Theoriebildung widerstehen wir kaum der Versuchung, komplexe Bedeutungszusammenhänge in eine begriffliche Präzision einzuhüllen. Dabei legen wir die uns relevant erscheinenden Inhalte in den historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen aus. Gerechtfertigt durch unsere Interpretation führen wir die Begriffsbildung auf das gemeinsam erscheinende Merkmal zurück und kaschieren, ja, wir ignorieren dabei sogar andere Eigenschaften, die am Auslegungsprozess der Begriffsbildung ebenfalls partizipieren. Mit dem Begriff versammeln wir spontane Überzeugungen von etwas ›Typischem‹ und eröffnen eine Perspektive der Entscheidungsmacht, in der das Eine über das Andere seine Schatten wirft.3 Das ›Typische‹ vereinnahmt die Vielfalt.
Die Begriffsbildung ausschließlich auf das ›Typische‹ zu stützen, dabei das Verhältnis von Literatur und Literaturwissenschaft zu bestimmen und diese Bestimmung in eine kulturelle Determination umzudeuten, betrachtet mein Beitrag als den Mechanismus der Macht, den der Begriff Migrationsliteratur erzeugt. Die Versuche, Werke der nicht in Deutschland geborenen deutschsprachigen Autoren mit diesem Begriff zu erfassen, reichen bis in die Anfänge der 1980er-Jahre zurück. In der Sammlung der Begriffe prägt einzig ›Migrationsliteratur‹ die literaturwissenschaftlichen Diskurse der Globalisierung (vgl. Tafazoli 2019: 92f.). Zugleich hat der Begriff jedoch Semantiken erzeugt, die ihn zumindest in den literaturwissenschaftlichen Diskursen unbrauchbar machen. Seine Entwicklungsgeschichte basiert auf Exklusions- und Homogenisierungsmechanismen und führt zu einer ontologischen und differenzbetonten Beschreibung der literarischen Globalisierungsdiskurse. Solche Beschreibungen ergeben sich u.a. auch daraus, dass der Begriff im Spannungsverhältnis der textimmanenten Diskurse und der textexternen Kriterien die Referenzbereiche der außertextuellen Wirklichkeiten priorisiert (vgl. ebd.: 71-145). Eines dieser textexternen Kriterien ist die Herkunft, die zusammen mit der Biographie des Autors die Textanalyse dominiert. Gegen die Dominanz von biographisch hergeleiteten Textinterpretationen positioniert sich jedoch die Autobiographieforschung, indem sie den dominierenden Stellenwert des Autors im Rezeptionsprozess kritisch betrachtet und so zwischen der Wirklichkeit des Erzählten und der außertextuellen Wirklichkeit unterscheidet. Der Eindruck eines Doppelstandards in der literaturwissenschaftlichen Theoriebildung ließe sich daher nicht vermeiden: Eine Denkweise, die in der Autobiographieforschung für berechtigte Kritik sorgt, dient zur Bildung des Begriffs Migrationsliteratur. Das Desiderat dieser ungleichberechtigten Perspektive diskutieren literaturwissenschaftliche Ansätze gegenwärtig mit der Frage, wie es möglich sein könne, Differenz als Unterscheidungsmerkmal, aber nicht als Trennungsmerkmal zu beschreiben, und regen mit ›Ähnlichkeit‹ als Paradigma der Kulturbeschreibung (vgl. Bhatti 2011; 2015) zu Überlegungen über Dispositionsmodelle an. Anzumerken wäre jedoch, dass das Ähnlichkeitsdenken zwar die Perspektive auf eine weniger differenzbetonte Lesart von Texten eröffnen soll; es darf aber nicht den Eindruck erwecken, als solle mit Ähnlichkeit das Kriterium der Differenz bloß ersetzt werden. An dieser Stelle käme die interkulturelle Denkweise zum Tragen: Aus den literarischen Reflexionen eine theoretische Grundlage zur Beschreibung von Diskursen des Kulturellen zu gewinnen, bedeutet, Differenzen und Ähnlichkeiten in eine Beziehung zueinander zu setzen. Im Kontext dieses In-Beziehung-Setzens ließen sich die theoretischen Überlegungen über Migration im Spannungsverhältnis von Literatur und Begriff anstellen, und zwar mit dem Ziel, den differenzbetonten Lesarten der Kultur ein Dispositionsmodell entgegenzustellen und hieraus Erkenntnisse zur Bildung literaturtheoretischer Ansätze zu gewinnen.
Figurationen von Migrationsgeschichten
Solch ein Modell lässt sich stellvertretend an der Frankfurter Trilogie von Mohammad Hossein Allafi (*1952)4 erproben. Die Trilogie erzählt die Globalisierungsgeschichten im Gewebe der kulturellen Transformationen und befragt dabei das deutsch-iranische Gedächtnis des Kulturellen seit den ausgehenden 1970er-Jahren. Sie setzt sich aus den Romanen Die Nächte am Main (1998), Die letzte Nacht mit Gabriela (2000) und Gabriela findet einen Stapel Papier (2012) zusammen. Sie konstruieren durch die Interkonnektivität von Figuren und durch die Zeit-Raum-Verdichtung eine dynamische Erzählwelt, die sich durch Figurengespräche, wechselnde Generationen und Kulturen sowie durch global gedachte Abläufe kennzeichnet. Die Abläufe nehmen in den polyzentralen und asymmetrischen Verflechtungen von Erinnerungen, Erfahrungen und Handlungen der Figuren pragmatisch lokal und individuell Gestalt an. Die Erzählwelt ist nichtlinear und die Erzählhaltung heterodiegetisch strukturiert. Figurengespräche und die Einmischung des extradiegetisch-heterodiegetischen Erzählers lassen extradiegetische und intradiegetische Erzählebenen ineinandergreifen. Die Wahl der Nullfokalisierung als Erzählmodus ist für Allafis Erzählverfahren charakteristisch. Die selbstreferentielle Erzählwelt nimmt unter dem Einfluss des auktorialen Erzählers Bezug auf kulturelle Umbruchphasen. Die Erzählebenen werden durch die Figurengruppen strukturiert, die je nach ihrer Verortung in kulturellen Strömungen ihrer Lebensphase handeln. Die Figurengruppe der Hauptakteure bildet die erste Generation in der Trilogie. Ihre Gemeinsamkeit wird durch die Anspielung auf die soziopolitisch relevanten Themen wie etwa auf die Praxis der freien Liebe, den Feminismus und den Revolutionsgeist im Iran hergestellt. Mit dieser ersten Figurengruppe (Hassan, Hans und Gabriela) eröffnet die Trilogie die Erzählperspektive und konstruiert an ihr das kulturelle Gedächtnis der 1968er-Generation. So erweist sich das Gedächtnis bereits in der ersten Figurengeneration als Medium, in dem sich die Interkonnektivität der Figuren und die Interdependenz der Erzählebenen vollziehen sollen. Die Trilogie setzt unterschiedliche Erinnerungsräume und Erinnerungsbilder zusammen und reflektiert an ihnen die europäischen Errungenschaften wie deren Kehrseite. In der Doppelung der Perspektive wird eine Globalisierungsgeschichte erzählt, die Europa als Visions- und Illusionsraum zugleich vorstellt und es mit sich selbst konfrontiert. Dass die europäische Globalisierungsgeschichte mit außereuropäischen Entwicklungen verflochten ist, zeigt die Trilogie an der Islamischen Revolution im Iran (1979). Die Verknüpfung der Globalisierungsgeschichte mit der Geschichte der Islamischen Revolution wird durch die Auseinandersetzungen mit den sozialistischen Ideologien der 1968er-Generation her- und am Horizont des Generationengedächtnisses dargestellt. Dieses Gedächtnis wird im Erzählverfahren durch die Verflechtung der Figurenperspektiven erzeugt und erlaubt keine eindeutige Kategorisierung durch eine bestimmte Kultur.
Von der ersten Figurengruppe unterscheidet sich eine zweite, die sich weniger für ideologisch-politische als vielmehr für individuelle Verhältnisse interessiert. Diese Unterscheidung führt jedoch zu keinem Bruch der Figurenverhältnisse bzw. der Generationen, sondern veranschaulicht soziokulturelle Transformationen. Die zweite Figurengruppe besteht aus vergleichsweise jüngeren Menschen, die zwar verschiedene Herkunftsgeschichten erzählen, in der Jetztzeit der Erzählung aber eine Reihe von Gemeinsamkeiten entdecken. In ihren Erzählungen avanciert der deutschsprachige Kulturraum zum Ort ihrer Geschichte, ihrer Identifizierung und Lebenserfüllung. Diesen Ort gestalten sie nicht auf der Projektionsfläche des Fremden, sondern auf der ihrer Selbstfindung und Lebensgestaltung. Das Figurenpaar Fabian und Anaroxana spielt eine bedeutungstragende Rolle. Fabian ist der Sohn einer deutschen Frau und eines iranischen Arztes. Er heiratet Anaroxana. Das interkulturelle Spannungsfeld wird im Falle Fabians vor dem Hintergrund der Elterngeneration beschrieben. Bei Anaroxana ist dies am Namen zu beobachten. Ihr Name ist aus dem griechischen Bestandteil Ana und dem iranischen Roxana zusammengesetzt.5 Die Gemeinschaft ihrer Hochzeitsgäste dient schließlich als Projektionsfläche zur Darstellung einer anderen Gesellschaft: »Die Gäste bestanden nicht nur aus Urdeutschen und iranischen Deutschen, sondern auch aus türkischen, chinesischen, koreanischen, spanischen und arabischen Deutschen« (Allafi 2012: 49).
Figurationen des Generationendächtnisses und der kulturellen Transformationen werden um die Figur Victoria erweitert. Victoria bricht aus den kulturellen Mehrheits- und Minderheitsverhältnissen aus. Ihr Vater war ein Deutscher, ihre Mutter eine Engländerin, die aus einer englisch-iranischen Familie stammte. Victorias Eltern waren kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA übergesiedelt. »Ich bin«, positioniert sich Victoria, »in vier Kulturen aufgewachsen« (Allafi 2000: 67). Durch die Schilderungen ihres sprachlich und kulturell vielfältigen Lebens lässt Allafi seine Figur ihrem Namen gerecht werden. Während die erste Figurengruppe Enttäuschungen und Resignationen ausgesetzt ist, genießt Victoria als Individuum mit einer deutschen, amerikanischen, englischen und iranischen Biographie ihre Freiheit. Ihr Sieg in der Erzählwelt besteht nicht nur in ihrer Fähigkeit der Perspektivenumwandlung, die zu ihrer wenig differenzbetonten Wahrnehmung der kulturellen Zusammenhänge führt, sondern auch darin, dass Victoria den individuellen Weg zur kulturellen Identifizierung vorzeichnet. Die Erzählwelt nennt diesen Weg »Victorias Kultur« (ebd.: 64).
Migration als Fremdheitsgeschichten?
Mit den Figurationen des Gedächtnisses im Spannungsfeld von Generationen und Kulturen eröffnet die Frankfurter Trilogie ihre Ausgangsperspektive auf die Fragen individueller und kultureller Identifizierung und erprobt im Erzählverfahren Strategien, welche die Identität in literarischen Reflexionen vielfältig erscheinen lassen und die Fragen der Identität von Fixpunkten der Geschichte ablösen. Die Hochzeitsgemeinschaft spiegelt das Abbild einer globalen Gesellschaft nach Regeln der Diversität wider und beschreibt die Perspektive auf plurilinguale und plurikulturelle Identifikationsangebote einer Welt mit komplexen Strukturen und Widersprüchen. Solch eine Perspektive gewinnt im Erzählverfahren durch die Interkonnektivität der Figuren und die Interdependenz der Erzählebenen an Intensität.
Im Spannungsfeld der Sozialstruktur und der begrifflichen Reduktion tritt die Schwierigkeit des Begriffs Migrationsliteratur umso deutlicher in den Vordergrund: Sie besteht mit Blick auf dessen Entwicklungsgeschichte insbesondere in den aus dieser Geschichte hervorgehenden Machtmechanismen. Während die Sozialstruktur der Erzählwelt durch die Figurationen des Generationen- und des kulturellen Gedächtnisses verflochtene und vielschichtige Verhältnisse erzeugt, nimmt der Begriff Migrationsliteratur diesen Verhältnissen die Grundspannung, indem er ein homogenes Verständnis von Kultur suggeriert. Mit dem Begriff wird in dem ohnehin komplexen Verhältnis von Literatur und Kultur die außerliterarische Erfahrung der Migration priorisiert und die Erzählwelt monoperspektivisch vereindeutigt. Die Monoperspektivität beschränkt sich nicht nur auf die Erzählwelt, sondern bezieht sich auch auf die außertextuellen Deutungsaspekte. Ferner wird dem Begriff Migrationsliteratur eine funktionale Opposition zur kanonisierten Bezeichnung einer ganzen literarischen Epoche zuerkannt.
Die Kritik lässt sich – an dieser Stelle zusammenfassend – mit der philosophischen Begriffsanalyse begründen, denn diese stellt theoretische Überlegungen darüber an, wie bei der Betrachtung der Dinge neue grundlegende Sichtweisen gewonnen und wie die Dinge selbst »im Lichte« aktueller Unterscheidungen neu gesehen werden können; dabei solle jedoch verhindert werden, dass der Begriff mit dem, was er bezeichnet, »hinter den Stand des bereits vorhandenen Unterscheidungswissens« zurückfällt (vgl. Gabriel u.a. 2017). Den Überlegungen von Gottfried Gabriel, Joachim Horvath, Christoph Schamberger und Frieder Vogelmann zufolge definiert das Spektrum des bereits vorhandenen Wissens die Grenze der Begriffsbildung. Die philosophische Begriffsanalyse bildet insofern eine argumentative Basis, als Begriffe, Vorstellungen und Überzeugungen auch in sprachliche Artikulationen hineinragen und die Begriffsanalyse zu einer Angelegenheit der Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft machen (vgl. Fricke/Weimar 1996). Mit Hilfe der philosophischen Begriffsanalyse lässt sich die Problematik des Begriffs Migrationsliteratur hauptsächlich in seiner mangelhaften Explikationsfähigkeit ausmachen. Er gründet auf ein soziokulturell politisiertes Fundament der außertextuellen Wirklichkeit und stützt seine Stabilität auf Ontologie, Exklusion, Reduktion und Essentialismus. Er ist das Ergebnis zahlreicher Versuche zwischen den 1980er- und 1990er-Jahren, die sich in einer Reihe von anderen Begriffen vollziehen, die biographische, ethnische und ethnozentrische Merkmale akzentuieren. Mit dieser Akzentuierung beeinflussen Theorien der Literaturwissenschaft die Unterscheidung einer wie auch immer gearteten ›nichtdeutschen‹ Literatur und drängen diese an die periphere Sphäre des deutschsprachigen Literaturkanons. So werden Texte mit dem thematischen Schwerpunkt der Migration in Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur unter dem Titel Literatur der Fremde – Literatur in der Fremde (vgl. Weigel 1992: 188) aufgefasst. Das Sachwörterbuch der Literatur verwendet die Begriffe »Ausländerliteratur« (vgl. Wilpert 2001: 58f.) und »Migrationsliteratur« (ebd.: 518) als gleichwertige Sammelbegriffe für die deutschsprachige Literatur von Autoren nichtdeutscher Muttersprache, die durch die Adaption seltener Bilder, Stile, Gedicht- und Erzählformen die deutsche Literatur mit ›multikulturellen‹ Elementen bereichern sollen. Auch die gattungsspezifischen Theorien fokussieren das Randphänomen (vgl. Schneider 2006: 140). Symbolische Wirkungskraft erlangt dieses Phänomen seit dem Jahr 1985 durch den Adelbert-von-Chamisso-Preis, mit dem die »Förderung des Zusammenlebens von Deutschen und Ausländern« (Esselborn 2004: 317) erzielt werden soll. Die Versuche stellen auf der einen Seite das Bekenntnis zu einer modernen und pluralistischen Gesellschaft dar, verfestigen aber auf der anderen Seite die Macht der Kulturalisierung, welche die Gesellschaft eigentlich zum Gegenstand ihrer Kritik erklärt. In dieser Paradoxie bleiben jene Versuche die Antwort auf die Frage, wie die Literaturwissenschaft sich im Lichte pluralistischer Theoriebildungen positionieren soll, schuldig. Bilden Pluralismus und Multikulturalität den Ausgangspunkt jener theoretischen Versuche, wozu sollen die Determinativkomposita Ausländer- bzw. Migrationsliteratur mit ihrem exkludierenden Grundwort noch dienen? Was können sie zur Bezeichnung einer Literatur in der Gegenwart noch leisten (vgl. Bay 2017), wenn die Geschichte der Migration im deutschsprachigen Kulturraum hinter die Nachkriegszeit weit zurückreicht und darüber hinaus auch noch eine globale ist (vgl. Gerhard 2006)?
Das Beispiel der Frankfurter Trilogie führt vor Augen, mit welchen ästhetischen Mitteln die Literatur die Migration im kulturellen Gedächtnis der Globalisierung gestaltet. In ihren Schreibweisen beklagt die Trilogie nicht mehr die kulturelle Vereinnahmung des Fremden durch das Einheimische, sondern erhebt Anspruch auf die kulturelle Gestaltung. Ihre Schreibweisen bringen ein stilistisches, rhetorisches, symbolisches und metaphorisches Reservoir hervor, das fortwährend territoriale, nationale, hegemoniale und kulturelle Exklusionsmechanismen hinterfragt. Die literarischen Stilmittel befragen das kulturelle Gedächtnis anders, stiften dabei andere Erinnerungen und legen das literarische Gedächtnis als perspektivisch, hybrid und unabgeschlossen offen. Demgegenüber bewirkt der Begriff der Migrationsliteratur Unmut, denn er zieht eine unsichtbare, spürbare, physische, metaphorische sowie (un-)moralische Grenze der Auslegung (vgl. Rushdie 2003: 352) und führt durch die Bindung der Literatur an eine bestimmte Kultur, Geschichte und Sprachgemeinschaft die nie endende Diskussion über die Frage nach dem Verhältnis von Autor und Werk unreflektiert weiter (vgl. Rushdie 2013). Ansichten über einen nie endenden Kampf um die (Gleich-)Berechtigung (vgl. Adelson 2004) waren allerdings den literarischen Diskursen der 1980er-Jahre durchaus bekannt. Yüksel Pazarkaya forderte, die Interpretation literarischer Bilder dem von der Lektüre ausgehenden spontanen Eindruck zu überlassen, anstatt sie Erwartungsmustern und Vorurteilen unterzuordnen. Der begrifflichen Reduktion schreibt er einen »Automechanismus« zu, der »eine Spaltung zwischen den Deutschen und den Ausländern herbeiführt« (Pazarkaya 1986: 63) und die Autoren in der Folge von der deutschsprachigen Literaturszene ausschließt. Die Kritik wirkt nach über drei Jahrzehnten noch heute lebendig und stellt ein beredtes Beispiel für die Asymmetrie der literarischen und literaturwissenschaftlichen Diskurse dar (vgl. Geiser 2015: 96-187), die mit den Bezeichnungen der Gastarbeiter-, Migranten- und Transmigranten-Figur weiterhin von der genuin gedachten Fremde-Figur ausgehen und die kaum konstruktiven Diskussionen auf der asymmetrischen Achse des Fremde-Machens fortführen (vgl. Dörr 2006; 2010). Auf die Mechanismen des Fremde-Machens richtete Leslie Adelson zu Beginn der 1990er-Jahre mit ihrer Kritik an der wachsenden Präsenz ethnozentrischer und ethnischer Kategorisierungen den Fokus und beleuchtete die Widersprüchlichkeit des Begriffs Migrationsliteratur. Er erwecke, so Adelson, auf der Oberfläche den Eindruck, als würden kulturelle Unterschiede willkommen geheißen, domestiziere aber in seinem semantischen Feld die ethnozentrischen und ethnischen Differenzen (vgl. Adelson 1991). Mit anderen Worten macht der Begriff weder eine Aussage über die Subjektivität und Vielfalt von Migrationserfahrungen noch über die literarische Qualität und medialen Darstellungsweisen; ganz im Gegenteil: Er amalgamiert das Kriterium der Differenz und erklärt Unterscheidungsmerkmale zu Trennungsmerkmalen. Dies ist u.a. auch der Grund dafür, dass er die Kritik der postkolonialen Studien nach sich zieht (vgl. Bhatti 2015). Die deutschsprachige Literatur stellt am Gegenstand der Migration allerdings nur in Ausnahmefällen Bezüge zu kolonialen Zusammenhängen her, denn die gesellschaftlichen und kulturellen Voraussetzungen unterscheiden sich deutlich von denjenigen in den bedeutenden ehemaligen Kolonialstaaten wie Großbritannien und Frankreich (vgl. Dürbeck 2017). Aber im Hinblick darauf, dass Differenzen immer schon im Kontext gesellschaftlicher Dominanzverhältnisse und deren künstlerischen Produktionen zu begreifen sind, weisen die literarischen Konstruktionen von Migrationserfahrungen weitreichende Gemeinsamkeiten mit den Schilderungen der Diaspora-Situation und des Minoritätsstatuts auf.6 Darüber hinaus sind literarische Konstruktionen kultureller Verschränkungen ein zentrales Argument (vgl. Göttsche 2006), warum sich die postkolonialen Studien für die sogenannte Migrationsliteratur interessieren sollen (vgl. Tafazoli 2019: 101-113). Die literarische Gestaltung von Migration weckt, wie bereits beschrieben, die Sensibilität gegenüber Fragen der Macht, die in den Konzepten wie orientalism, Hybridität, third space, in-between, othering, Mimikry und writing back zur Geltung kommen und die Aspekte der Grenzüberschreitung, Veränderung, Vermischung, Instabilität und Vielfalt erklären. Migration im theoretischen Kontext der postkolonialen Studien zu diskutieren, bedeutet, sie unter Berücksichtigung ihrer globalen Wirkungsdimensionen als Motiv zur Aufhebung von kulturellen Beschränkungen und zur Gestaltung von kulturellen Diskursen zu begreifen (vgl. Bay 2017: 325).
Migration
Geschichte und Zukunft eines Motivs
Die Auffassung von Migration als Motiv, das monoperspektivische Beschränkungen aufheben und kulturelle Diskurse gestalten kann, würde in der Literaturwissenschaft die Distanzierung vom Begriff Migrationsliteratur bewirken und Überlegungen über Dispositionsmodelle einleiten. Die Notwendigkeit dieser Distanz ergibt sich, wie bereits kurz erwähnt, daraus, dass der Begriff in seiner Entwicklungsgeschichte homogenisierend und reduktionistisch wirkt. Die literaturwissenschaftliche Forschung zu ›Migrationsliteratur‹ setzt bei der marginalen Position der ›Ausländer-‹ und ›Gastarbeiterliteratur‹ in den 1980er-Jahren an. In der anfänglichen Phase wurden deutschsprachige Texte von nichtdeutschen Autoren deutscher Sprache an die peripheren Ränder der Theoriebildung gedrängt. Rund vier Jahrzehnte später versuchen nun unüberschaubar gewordene Ansätze, die rasante Entwicklung theoretischer und methodischer Fragestellungen zu erfassen. Die Positionsverschiebung von einer biographischen Ausrichtung hin zu den Fragen der Ästhetik scheint im Spannungsfeld des nationalphilologisch gedachten Literaturkanons und des interdisziplinären Forschungsnetzes richtungsweisend zu sein. Zur Analyse ästhetischer Verfahren regen nicht nur die erzähltheoretischen Modelle an. Auch Ansätze der transnationalen und transarealen Literaturforschung haben das kulturtheoretische Potential der literaturwissenschaftlichen Erzähltheorien für sich entdeckt und besprechen ihre Lesarten von Kultur im Kontext einer Literatur in Bewegung.7 Die Metaphorik der Bewegung und derer Dynamiken eröffnet der theoretischen Perspektive die Möglichkeit, literaturwissenschaftliche Diskurse von ontologisch gedachten Denkmustern zu lösen. Vor diesem Hintergrund wirkt der Erklärungsversuch einer ›transnationalen Migrationsliteratur‹ (vgl. Hausbacher 2019: 189) irritierend, und zwar nicht nur aus dem Grund, dass Diskussionen über Transnationalität die Annahme über Nationen erst einmal voraussetzen müssen, sondern auch deshalb, weil Migration und das Präfix trans- eine Doppelung des Bewegungsaspekts implizieren. Transnationalität liefert eine theoretische Grundlage, literarische Diskurse der Migration als Diskurse kultureller Neu-Formierungen zu beschreiben. Sie zeigt auch, dass der Begriff Migrationsliteratur in einem Denken, das sich ins Globale ausweitet, mit dem, was er zu bezeichnen angibt, hinter den Stand des aktuellen Wissens fällt. Migration und Globalisierung erweisen sich als miteinander verschränkte Aspekte einer Neubewertung des Verhältnisses von Literatur und Kultur. Verschiedene Phasen der Globalisierung setzen Migrationsprozesse aus religiösen, politischen, sozialen und ökonomischen Gründen in Gang und beeinflussen, verursachen gar kulturelle Veränderungen, die bei der Neubewertung des Verhältnisses von Literatur und Kultur nicht vernachlässigt werden sollten. Die Neubewertung vollzieht sich in den interdisziplinär ausgearbeiteten Ansätzen über Kultur, die besagen, dass die Vorstellung von einer ausschließlich an eine Ethnie, ein Volk, eine Nation und an spezifische Orte gebundene Kultur obsolet geworden ist. Demgegenüber dominiert das Kriterium der Differenz die Bedeutungsdichte des Begriffs Migrationsliteratur weiterhin, spiegelt die exkludierenden Strategien der Kulturalisierung wider und verortet Beschreibungen von Andersartigkeiten außerhalb des eigenkulturellen Horizonts. Diese Verortung erschwert eine genaue Analyse der Migration in den literarischen Diskursen und regt die Frage nach Alternativmodellen an. Eines dieser Modelle wird mit Hilfe der historischen Herangehensweise an die literarischen Diskurse der Migration erprobt (vgl. Bay 2017: 326) und ist insofern ertragreich, als es ermöglicht, die Migration als Aspekt literaturgeschichtlicher Beschreibung, die Geschichten der Migration als Verflechtungsgeschichten der Kulturen und die Literaturgeschichte als Verflechtungsgeschichte zu begreifen (vgl. Werberger 2012: 121-135). Die historische Analyse mag zwar einen Abriss von Migrationsgeschichten in sozialen, politischen und ökonomischen Zusammenhängen darstellen, stößt aber bei den Beschreibungen der ästhetischen Verfahren schnell an ihre Grenzen. Ein weiteres Modell diskutiert die Gattungsfrage. Auch hier sind die Grenzen eng gezogen, denn Migration bildet den Gegenstand von Lyrik, Prosastücken, Essays und Romanen. Eine gattungspoetische Einteilung der Texte kann den inzwischen wachsenden medialen Darstellungen der Migration – zum Beispiel durch den Film – nicht mehr gerecht werden. Die Erzählungen, die anfänglich oft nah an biographischen Migrationsgeschichten waren und von »Erfahrungen aus Lebensabschnitten, die sich in unterschiedlichen Kulturen zugetragen haben« (Chiellino 2001: 108), handelten, sind nun wesentlich komplexer geworden. Im Kompositionsrahmen des modernen Romans zeigt sich die Komplexität zuallererst auf der Figurenebene. Das Erzählverfahren wird durch die Hauptfiguren oder auch durch den Ich-Erzähler selbst gestaltet. Sie sind einerseits bestrebt, das eigene Gedächtnis aufzuspüren, vor der Auflösung zu bewahren und weiterzugeben, begeben sich aber andererseits auch auf die Suche nach Verknüpfungen von Geschichte und Gegenwart, um sich identitätsstiftend zu positionieren. Die Frankfurter Trilogie zeigt, wie sich verschiedene Figuren in die Handlung einmischen und ihre eigenen Geschichten mit den Geschichten anderer Figuren in eine Beziehung setzen. Das polyperspektivische Erzählverfahren beeinflusst die Handlungsebene unmittelbar und lässt erkennen, dass Figuren an kollektiv und kulturell wechselnden Räumen, Zeiten und Gedächtnishorizonten partizipieren. Im Mittelpunkt der Erzählanalyse sollten daher die Partizipation von Figuren an den Räumen, Zeiten und Gedächtnishorizonten stehen und nicht die Herkunft des Autors. Darüber hinaus thematisiert die Trilogie durch die Interkonnektivität ihrer Figuren in der Sozialstruktur der Erzählwelt das prominente Motiv der Grenze bzw. der Grenzüberschreitung. An diesem Motiv führt die Literaturwissenschaft längst ihre Diskurse, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Schreibweisen der Literatur am Beispiel der Migration, sondern auch am Beispiel literarischer Reflexionen über die deutsch-deutsche Teilung und über die Wiedervereinigung.8 Die Forschungsansätze in den Theoriefeldern der germanistischen Interkulturalitätsforschung und Transkulturalität erlauben ›Grenze‹ und ›Grenzüberschreitung‹ als Motiv zu betrachten, an dem die Literatur die interdependente Beziehung von zwei oder mehreren kulturellen Einheiten sichtbar macht und dabei beleuchtet, dass an der Grenze nicht nur Differenzen, sondern auch Ähnlichkeiten wirksam werden. Die Beschreibungen des Spannungsverhältnisses von Differenz und Ähnlichkeit gehen mit der Vorstellung über Relation, Beziehung, Begegnung und Kohäsion einher, die zur Entstehung kultureller Dynamiken führen. In der Trilogie sind interkulturell profilierte Figuren die bedeutungstragenden Instanzen zwischen zwei oder mehreren kulturellen Einheiten. Sie überschreiten Grenzen und durchqueren kulturelle Räume wie selbstverständlich und handeln in unterschiedlichen kulturellen Einheiten souverän. Mit dem Überschreiten von Grenzen und mit dem Durchqueren von Räumen avanciert die Bewegung selbst zu einem Motiv der interkulturellen Schreibweisen und bringt Migration als Akt literarischer Aushandlung des kulturellen Gedächtnisses hervor (vgl. Tafazoli 2018). In Anbetracht des ökonomisch (vgl. Stiglitz 2002: 9) und philosophisch (vgl. Sloterdijk 2005: 219) wachsenden Interesses an Bewegung käme der Literaturwissenschaft die Aufgabe zu, den Blick von den Fixpunkten der Geschichten hin auf Figurationen von Bewegung zu richten und sich verstärkt mit den Fragen zu befassen, wie die Literatur ihre Diskurse der interdependenten Verhältnisse von Figuren und kulturellen Einheiten gestaltet bzw. führt, wie und in Abhängigkeit von welchen Verhältnissen sich Perspektiven im Erzählverlauf verändern bzw. verschieben, ob eine Erzählung sich mit den Verhältnissen an einem Ort, dem Übergang von dem einen in den anderen Ort und mit der Situation an verschiedenen Orten beschäftigt oder ob bzw. wie sie all diese Verhältnisse miteinander verbindet. Von dieser Warte aus betrachtet, erweist sich Migration in den Verstrickungen ökonomischer, politischer, gesellschaftlicher oder auch persönlicher Transformationen als nur ein Aspekt unter vielen anderen. Erzeugt die Literatur mit Migration ein Motiv des kulturellen Gedächtnisses, so avanciert die Migration zu einer Metapher für die Beschreibungen kultureller Transformationen. Literarische Diskurse der Migration erlauben, diese als Motiv zu betrachten, das die Globalisierung, aber auch die Kehrseite der viel gepriesenen kulturellen Fluidität reflektiert (vgl. Kimmich/Schahadat 2012: 7).
Das kulturelle Gedächtnis ist das prädestinierte Medium, an dem die Literatur ihre Diskurse der Migration gestaltet und führt. Die Frankfurter Trilogie beschreibt vor allem an der Figur Victoria die Grundvoraussetzung für die Lesarten der literarischen Migrationsdiskurse darin, Migration als Resultat interdependenter Beziehungen im Spannungsfeld wechselnder Strukturen, Modellierungen, Modi und Semantiken der Erzählwelt zu begreifen. Die Analyse vernetzter Erzählebenen führt schließlich zu der Erkenntnis, dass ein absoluter Rückgriff auf eine gemeinsame verbindliche Geschichte und Tradition durchaus problematisch erscheint. Sie macht aber auch deutlich, dass literarische Diskurse der Migration Alternativmodelle kultureller Identifizierungen zur Verfügung stellen, die sowohl das Mitdenken eines gemeinsamen Welthorizonts fordern als auch Differenzen als Unterscheidungs-, jedoch nicht als Trennungsmerkmale begreifen. Beides ließe sich im Sinne von Dispositionsmodellen zu ontologischen Denkmustern in den Theoriefeldern des transnational turn diskutieren.9 Bei Konstruktionen des gemeinsamen Welthorizonts und der Unterscheidungsmerkmale im Verhältnis von Literatur, Gedächtnis und Kultur gewinnt die rhetorische Funktion des Miteinander stärker an Attraktivität und sucht in Ähnlichkeit eine ästhetische Komponente der Kulturbeschreibung (vgl. Kimmich 2012: 51, 60f.). Die vielversprechende Frage stellt sich danach, wie Literatur auf politische, ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Vernetzungsprozesse reagiert, mit ihren Diskursen Ähnlichkeiten veranschaulicht, gar produziert und Angebote für individuelle und kulturelle Identifizierungen zur Verfügung stellt.
Die literarischen Ressourcen individueller und kultureller Identifizierungen erlauben also, die Literatur selbst als herausragendes Aushandlungs- und Reflexionsmedium zu begreifen. Dieses Medium befasst sich zum einen mit Produktions- und Rezeptionsbedingungen und ermöglicht zum anderen, sich intensiver mit der Frage auseinanderzusetzen, wie aus literarischen Diskursen Denkimpulse für eine zeitgemäße Theoriebildung gewonnen werden können.10 Eine Möglichkeit stellt, wie die Frankfurter Trilogie zeigt, der Versuch dar, sich auf die ästhetischen Modellierungen der Migration in der Sozialstruktur der Erzählwelt und im Gedächtnis der Literatur zu konzentrieren. Unter dieser Voraussetzung wäre Migration kein spezifisches Kriterium mehr, an dem differenzbetonte Zuschreibungen der eigenkulturellen Vorstellungen ihre Ausdrucksseite gestalten. Vielmehr wird sie im Erzählverfahren ausgehandelt. Das Erzählen als Medium dieses Aushandelns am Horizont des kulturellen Gedächtnisses konstruiert in einem Geflecht von Vergangenem und Gegenwärtigem Erinnerungsbilder, die in der Interpretationsarbeit nur unter der Bedingung der Mehrdeutigkeit zu untersuchen und im besten Falle zu entziffern wären. Migration an diesen Erinnerungsbildern abzulesen, bedeutet auch, die literarischen Reflexionen über die Grenzüberschreitungen und mit diesen auch das Motiv der Bewegung genauer zu untersuchen. An diesem Motiv diskutiert die transareale Literaturwissenschaft die These, dass die Überschreitung der Grenze in mehrere Richtungen und im Sinne wechselseitiger Durchdringungen erfolgt und als Rückbindung an die Grenze selbst begriffen werden soll. An Bewegung beschreiben literarische Diskurse Veränderungen bestehender und Formierungen neuer Strukturen.11 Beispiele für solche global gedachten Veränderungen liefern die Narrative der Heimat(en), Heimkehr und Rückkehr (vgl. Tafazoli 2019: 326-328). Der globale Ansatz der transarealen Literaturwissenschaft liegt in der Auffassung von »Literaturen der Welt, deren literarischer Eigensinn und Bezug zur außerliterarischen Welt sich nicht adäquat auf der Basis einer spezifischen und latent statischen Raumkonstellation beschreiben oder verstehen lassen« (Kraft 2019: 90). Diese Auffassung erlaubt, die Ambivalenz einer durch Differenz und Ähnlichkeit empathisch gedachten Erzählwelt stärker in den Mittelpunkt der Lektüre zu rücken12 und dazu anzuregen, das Rezeptionsinteresse von einer räumlich, zeitlich und kulturell konstanten Migrationsbiographie abzulösen und an sprachkünstlerische und poetologische Angebote der Erzählwelt zu richten. Hier macht nämlich die Interkonnektivität von Figuren in der Zeit-Raum-Verdichtung der Erzählwelt das künstlerische Angebot des Miteinander. Figurengespräche verleihen Raum und Grenze nicht nur eine strukturelle Funktion, sondern auch kulturelle Bedeutungen, indem sie das individuelle Gedächtnis an die wechselnde Raum-Zeit-Komponente zurückbinden und am jeweiligen Denk- und Handlungshorizont der Figuren aushandeln. Divergierende Erinnerungsräume werden so aus den Figurenperspektiven miteinander in Beziehung gesetzt, und die Erzählwelt avanciert zu einem polyperspektivischen Gedächtnis- und Erinnerungsraum, dem die Rückbindung an die Vergangenheit, die Wirkung in der Gegenwart und die Utopie der Zukunft eigentümlich sind. Die vielschichtigen und vielfältigen Artikulationsformen des Gedächtnisses ergeben sich daraus, dass sie zwar orts- und zeitgebunden sind, sich aber mit den Figuren über die geographischen Grenzen und kulturellen Räume hinwegbewegen und durch ihre Interkonnektivität andere und neue Erinnerungsräume konstruieren.13 Zur theoretischen Beschreibung dieser Verschränkungen erfolgt der erste Schritt durch die Verknüpfung von Erinnerung und Transnationalität (vgl. Tippner 2019) mit dem Ziel, Strukturen und Modalitäten literarischer Konstruktionen von Grenze, Grenzüberschreitung, Bewegung und Erinnerung in ihrer Vernetzung mit kulturellen Gemeinschaften in der Sozialstruktur der Erzählwelt zu beschreiben. Diese Verknüpfung untermauert die These, dass Erinnerungen nicht von Generation zu Generation ›vererbt‹, sondern in medialen Formen anderen Gemeinschaften zugänglich gemacht werden.14 Literatur ist eine dieser Formen.
Die Auseinandersetzung mit literarischen Formen der Migration im theoretischen Kontext der transnationalen Studien fordert auch die Rezeptionsseite heraus, weil diese sich einerseits mit literarischen Formen einer Erinnerungskultur konfrontiert sieht, die sich fragmentarisch aus unterschiedlich geprägten nationalen, kulturellen, religiösen und politischen Erinnerungen zusammensetzt. Andererseits verlangt die Zusammensetzung einen interkulturell profilierten Leser mit der Fähigkeit zur Deutung divergierender Erinnerungszusammenhänge. Dies bedeutet im Hinblick auf die literarischen Diskurse der Migration, dass die Literaturwissenschaft das Erzählen des Migrationsgedächtnisses an den Figurationen, in denen unterschiedliche Gedächtnishorizonte aufeinandertreffen, priorisiert betrachten sollte. Im Erzählverfahren werden Erinnerungen in verschiedene tradierte Narrative umgedeutet und neu bewertet. Bei ihrer Kohäsion gestalten sich die Verhältnisse von Figuren in der sozialen Struktur der Erzählwelt anders, und Migration gewinnt eine andere Bedeutung. Migration an den interkulturellen Verflechtungen subjektiver, kollektiver und kultureller Erinnerungen auszuhandeln, macht sie zu einem Phänomen inter- und transnationaler Erinnerungskultur. Erinnerungen zu deuten, ist nicht allein die Aufgabe einer Mehrheitsgesellschaft, die sich weigert, Erinnerungskulturen diasporischer Gemeinschaften zu integrieren (vgl. Huyssen 2003). Interkulturelle Schreibweisen der Migration transnational zu begreifen, führt dazu, Migration nicht mehr in einer singulären Geschichte, sondern in einer »Verknüpfung mit der Geschichte aller anderen Nationen« (Arendt 1986: 21) zu verstehen. Hannah Arendts bereits vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges formulierte Aufforderung zur Verknüpfung der Geschichten von Vertriebenen, Flüchtlingen und Exilierten mit denen aller anderen Nationen erweist sich als folgenreich. Sie gibt nicht vor, wie eine Migrationskultur zu pflegen wäre, sondern warnt davor, in Migrationsgeschichten die eine Wahrheit zu benennen. Dies bedeutet, an Erzählungen von Erinnerungen an und der Migration nicht allein das Gedächtnis von Migranten zu befragen, sondern auch das anderer.
Ausblick
Eine ›Migrationsliteratur‹ kann begrifflich nicht definiert werden, weil sie die theoretisch abgesicherten Formen der Explikation nach Modellen der Begriffsanalyse nicht hergibt. Für eine genauere Auseinandersetzung mit den literarischen Diskursen der Migration können erzähltheoretische Interpretationsmodelle die Grundlage liefern. Ihnen gemein sind die Fragen nach der Erzählperspektive und nach dem Anteil von Figuren, Zeiten und Räumen am Erzählverfahren. Die Frankfurter Trilogie veranschaulicht, dass die Interkonnektivität der Figuren und die Interdependenz der Erzählebenen im Erzählverfahren eine entscheidende Rolle spielen. Die Trilogie zeigt auch, was es bedeutet, die Außenperspektive der Beobachtung in die Innenperspektive der Erzählung zu verlegen und was diese Verschiebung bewirken kann: Sie rückt einerseits den Aspekt der Mehrdeutigkeit literarischer Kulturbeschreibungen ins Zentrum der Lektüre und fördert andererseits das kulturwissenschaftliche Interesse am reziproken Verhältnis von Erzählen und Kultur.15 In diesem Verhältnis erweist sich Migration nicht als Phänomen, von dem das Erzählverfahren ausgeht; im Gegenteil: Sie avanciert zu einem Verhandlungsmotiv. Die Erzählwelt bringt Migration als polyvalentes Motiv literarischer Kulturbeschreibung hervor. Die Verlegung der Perspektive von Bedeutungszuschreibung zur Bedeutungskonstruktion soll das Bewusstsein für die Dynamiken der Erzählwelt sensibilisieren und uns vor Augen führen, dass auch Literaturtheorien mit Veränderungen im literarischen Feld selbst korrelieren sollten.
Die Frankfurter Trilogie beschreibt die Migration unter der Voraussetzung globaler Veränderungen und macht aus ihr ein Motiv des kulturellen Gedächtnisses. So gewinnt Migration im ästhetischen Verfahren der kulturellen Gedächtnis- und Erinnerungsarbeit Gestalt. Mit der Auffassung von Poetiken der Migration kann die Verschiebung der Forschungsperspektive von den differenzbetonten Ansätzen hin zum Paradigma der Ähnlichkeit einhergehen. Dieser Positionswechsel sollte ins Bewusstsein rufen, dass Literatur die Fragen der Gemeinschaft in die ästhetische Anschauung der Kultur- und Zivilisationsform übersetzt, in der die Gemeinschaft sich tatsächlich artikuliert und in Erscheinung tritt, und dass die allegorische Leseweise der Literatur als Aussage über eine Nation an explanativer Kraft verliert. Polyperspektivität, überlappende Schauplätze, Duplizität der Zeitstruktur durch Analepse und Prolepse sind diejenigen Stilmittel, an denen die Frankfurter Trilogie den Gedächtnis- und Erinnerungsraum der Migration erzeugt. In ihm ist das Gedächtnis der Erzählwelt nicht separatistisch, sondern permeativ. Dieses Gedächtnis ist nicht vorgegeben und erhebt keinen Anspruch auf die lückenlose Wiedergabe einer außertextuellen, monoperspektivisch konstruierten historischen Wahrheit. Das Gedächtnis der Erzählwelt wird am Denk- und Handlungshorizont der Figuren gebildet und erweist sich aufgrund von polyperspektivisch erzählten Geschichten auch als mehrdeutig. Die Erinnerungsräume in der Erzählwelt sind gekennzeichnet durch eine interne Hybridität der Figuren auf der Mikroebene der Erzählwelt und durch eine externe Vernetzung, die in einer Reflexionsarbeit der Figuren unter dem Einfluss des auktorialen Erzählers auf die gesellschaftspolitischen Ereignisse die Makroebene herstellt. Die Erzählwelt erfasst keine kulturellen Modelle in sich; vielmehr sind es Figuren, die mehrere Ebenen durchdringen und kulturelle Vorstellungen, Elemente und Visionen in sich tragen.
Dass Kulturen sich u.a. auch durch Migration transformieren, steht außer Frage. Aber die Migration an allen Seiten der kulturellen Grenzen zu erfassen, bedeutet, sich auch mit Mischungen in kulturellen Räumen an allen Seiten der Grenzen auseinanderzusetzen. Die kulturellen Mischungen vor dem Hintergrund globaler Erfahrungen zu diskutieren, zeigt, dass die Menschen kulturell mehr Ähnlichkeiten vorweisen, als man sie sich in den differenzbetonten Zeiten zuvor hätte vorstellen können. Ähnlichkeit als Paradigma der Kulturbeschreibung erlaubt, Migration nicht ausschließlich aus der Sicht der Migranten zu beschreiben, sondern auch aus der Perspektive derjenigen, die selbst nicht migriert sind, das Migrationsgedächtnis aber als persönliches Wissen und kollektive Erinnerung mitbringen, verwahren und weitergeben (vgl. Langhoff 2011). Die Repräsentations- und Adaptionsformen des Migrationsgedächtnisses in divergierenden kulturellen Räumen der Gesellschaft und in unterschiedlichen medialen Formen eröffnet eine Perspektive auf Migration als Prozess, der zur Gestaltung der Gesellschaft wesentlich beiträgt. Mit der postmigrantischen Wende wird die Bindung der Migrationserfahrung von einem Fixpunkt der Geschichte gelöst und das Potential transnationaler Theorien für die Analyse literarischer Diskurse offengelegt. Die Figur des Transmigranten (vgl. Glick-Schiller/Basch/Blanc-Szanto 1997) ist weder fremd noch leidend heimatlos, sondern scheint in mehreren Kulturen gleichzeigt verankert zu sein. Allafis Frankfurter Trilogie zeigt den Weg über die postmigrantische Wende hinaus. Sie stellt Migration als individuelle Angelegenheit kultureller Identifikationen vor, erprobt mit den Figuren, die gleichzeitig zwischen unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Einheiten souverän wechseln, die literarischen Konstruktionen plurikultureller Figuren und verortet diese als zeitgemäß.
Anmerkungen
1 Folgende Ausführungen basieren auf meinem Beitrag Entgrenzte Figuren – bewegte Erinnerungen. Migration im Spannungsfeld von Literatur und Begriff in The Journal of Literary Theory (vgl. Tafazoli 2021). Der dort eingehend besprochene theoretische Ansatz wird in dem nun der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik zur Verfügung gestellten Text in einer leicht modifizierten Fassung zur Diskussion gestellt. Hierbei verzichte ich auf die ausführliche Wiedergabe des dort besprochenen Beispiels und konzentriere mich mehr auf den literaturtheoretischen Ansatz. Dem Herausgebergremium und dem wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift für interkulturelle Germanistik bin ich für das entgegengebrachte Interesse an der Aufnahme meines Beitrags in die Zeitschrift zu Dank verpflichtet.
2 Im Zusammenhang mit dem reziproken Verhältnis von Wissen und Macht beziehe ich mich insbesondere auf die Studien TransArea. Eine literarische Globalisierungsgeschichte (Ette 2012) und Im Dispositiv. Zur reziproken Genese von Wissen, Macht und Medien (Gnosa 2018).
3 Die Folge zeigt sich in diversen medialen Repräsentationsformen der Macht (vgl. Gnosa 2018: 217-252).
4 Allafi gehört zu der ersten Gruppe der aus dem Iran stammenden deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. Sein Werk reflektiert nicht nur die Geschichten eines deutsch-iranischen Gedächtnisses, sondern integriert die soziopolitische Problematik kulturvergleichend in die Erzählungen der Globalisierungsgeschichte (vgl. Tafazoli 2019: 38-40).
5 Zur künstlerischen Komposition dieses Namens vgl. Tafazoli 2019: 272f.
6 Diese Gemeinsamkeiten diskutiert der Band Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik (Steyerl/Gutiérrez Rodriguez 2003).
7 Der Romanist Ottmar Ette diskutiert in seiner Studie zu literarischen Reflexionen über kulturelle Wechselwirkungen einerseits die Reiseliteratur und andererseits Lektüren, die Bewegungen innerhalb von Texten vornehmen. Ette scheint es weniger um das Ziel der Bewegung zu gehen als vielmehr um die Dynamiken, welche die Bewegung überhaupt erzeugt (vgl. Ette 2001).
8 Im Zusammenhang mit den Schreibweisen der Literatur am Beispiel der Migration sei stellvertretend auf die Beiträge im Sammelband Migrationsliteratur. Schreibweisen einer interkulturellen Moderne (Schenk 2004) und auf die Monographie Deutsch-türkische Literaturwissenschaft (Hofmann 2013) verwiesen. Literarische Reflexionen über die deutsch-deutsche Teilung bilden den Diskussionsgegenstand der Monographie Poetik und Politik der Grenze. Die Literatur der deutsch-deutschen Teilung seit 1945 (Gelberg 2018). Mit dem Sammelband Wende-Literatur: Bibliographie und Materialien zur Literatur der deutschen Einheit wurde bereits 1996 eine umfassende Besprechung über die Literatur der Wiedervereinigung vorgelegt (Fröhling 1997).
9 Das Paradigma der Transnationalität und die Transnationalisierungsforschung haben sich seit den 1990er-Jahren in den Sozial- und Kulturwissenschaften zunächst im US-amerikanischen Kontext und in engem Bezug verschiedener Disziplinen und ihrer Methoden etabliert und entwickelt (vgl. Schulze-Engler 2002; Pries 2008). Im Zentrum der gegenwärtigen kultur- und literaturwissenschaftlichen Forschung stehen einerseits die Reaktionen auf die Entwicklungen gesellschaftlicher und kultureller Globalisierung und Vernetzungsprozesse. Andererseits macht die historische Dimension der Transnationalitätsforschung einen beachtlichen Bereich aktueller Diskussionen aus (vgl. Bischoff/Komfort-Hein 2019: 1f.).
10 Die Überlegungen über eine zeitgemäße Theoriebildung verlaufen entlang von vier Facetten. Erstens befasst sich die Literatur mit Repräsentationen des Globalen durch die Darstellung veränderter Formen von Raum, deren Vernetzung und Ordnung. Zweitens werden mit der mehrfach wechselnden Perspektive auch die Relevanz des globalen Lesens und die Fähigkeit des globalen Interpretierens hervorgehoben. Das erzähltheoretische Instrumentarium sollte daher den literarischen Beschreibungen von Veränderungen angepasst werden. Der dritte Punkt betrifft die Literaturwissenschaft als Disziplin mit dem Appell, das Verhältnis von Literatur und Nation neu zu denken. Schließlich werden vier verschiedene Aspekte der Literatur in globaler Perspektive unterschieden: die Weltliteratur, die globale Literatur, die Literatur der Globalisierung und die weltenschaffende Literatur (vgl. Reichardt 2019).
11 Die Neuformierung verdeutlicht die entscheidende Qualität von trans- im Vergleich zu inter- im Sinne des Spannungsfeldes interdependenter Verhältnisse (vgl. Heimböckel 2012). Trans- und Interkulturalität sind allerdings nicht in Abgrenzung (vgl. Cornejo/Schiewer/Weinberg 2020: 16), sondern in Abhängigkeit voneinander zu denken, denn erst Spannungsverhältnisse ermöglichen Kohäsionen, und aus diesen können Neuformierungen hervorgehen.
12 Die Literaturwissenschaft hat die Ambivalenz spätestens seit den 1990er-Jahren als Forschungsgegenstand entdeckt und an ihm ihre Diskussionen darüber geführt, wie die Literatur Transformationen einer veränderten Welt reflektiert und wie die traditionelle Literaturwissenschaft sich in Zeiten der Globalisierung gewandelt hat.
13 Entscheidend für die Analyse der Artikulationsformen ist die komplexe Rolle der Literatur unter drei Gesichtspunkten: Literatur als Medium des kulturellen Gedächtnisses, Gedächtnis in der Literatur und das Gedächtnis der Literatur (vgl. Erll/Nünning 2003).
14 Diskussionsansätze liefern der Beitrag über Gedächtniskonzepte in der Literaturwissenschaft (vgl. Erll/Nünning 2003) und der Sammelband Mediation, Remediation, and the Dynamics of Cultural Memory (vgl. Erll/Rigney 2009).
15 Wie die Literatur bei der Gestaltung solch eines Verhältnisses wirkt, diskutieren die Beiträge im Sammelband Kultur – Wissen – Narration. Perspektiven transdisziplinärer Erzählforschung für die Kulturwissenschaften (vgl. Strohmaier 2013).
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