Bedeuten ikonische Artefakte?
Die Semantik ist die Theorie von den zu den Zeichen gehörigen Bedeutungen (sēmaínein). Sie will verstehen, wie der Sinn an die Symbole kommt.1 Grammatik ist die Kunst (techné) des Geschriebenen (gramma). Sie ist ein Vermögen und ein Regelsystem zugleich, wie auch die Syntaktik, die kunstvoll die Zeichen verbindet und dabei zugleich ein Zeichengebilden nach allen Regeln der syntaktischen Kunst arrangiert. Die Grammatik regelt die Verwendung von Worten und die Bildung von Sätzen. Die Syntaktik disponiert die Begriffe zueinander und die Semantik erfasst deren Bedeutung. Mittels Grammatik, Syntaktik und Semantik vermögen Sprechende begrifflich Sinn so zu stiften, dass andere meinen diesen zu verstehen. Gibt es also eine Ikontik? Eine Kunst (techné) des Bildlichen (ikon), innerhalb derer sich eine ästhetische Syntaktik und ikonische Semantik formieren? Gibt es ein Sinnvermögen und eine Ordnung, welche die Verwendung von Bildern und das Arrangement von pikturalen Gebilden wie Installationen oder Szenen so organisiert, dass Kunstschaffende ikonischen Sinn zu stiften vermögen? Gibt es eine profane Ikontik, auf deren Grundlage wir den Alltag in unserer visuellen Umwelt meistern und eine ikontische Expertise, mit der wir künstlerische Artefakte zu Aussagengebilden so arrangieren, dass sie unser Weltwissen erweitern? Die Frage nach einer Ikontik betrifft nicht nur den Spezialfall forschender Kunst, wo es um die besondere Problematik der Nachvollziehbarkeit und damit der intersubjektiven Kommunikationsleistung künstlerischer Expertenartikulationen geht. Unsere gesamte visuelle Kultur operiert auf der Basis eines ikonischen Verstehens – ob intuitiv oder bewusst, historisch wandelbar oder anthropologisch stabil – das wäre zu klären. Entscheidend aber ist, dass ästhetische Artefakte nicht alleine auf der Ebene individueller Leidenschaften privat erfahren werden, sondern ein ästhetischer Gemeinsinn diagnostiziert werden kann, der uns davon ausgehen lässt, dass das, was wir ästhetisch erfahren, verhandelbar ist und mithin im Miteinander kommensurabel. Wir nehmen Dinge als ästhetisch gehaltvoll war und können uns darauf verlassen, dass andere es ebenso tun, wenn auch über den Gehalt und Sinn dessen, was als ästhetisches Gebilde wahrgenommen wird, mitunter disputiert werden muss. Zwischen artikulationslosen Idiosynkrasien einerseits und der definitorischen Bestimmtheit andererseits finden wir die ästhetischen Dinge als poröse in der Bedeutung, variabel und ungefähr aber zeichenhaft und damit auslegbar. Eine ikonische Bedeutungstheorie taucht daher als Analysegegenstand nicht erst im Rahmen einer epistemologischen Ästhetik zur künstlerischen Forschung auf – sie wird mit ihr nur erkenntnistheoretisch brisant. Wie ikonische Artefakte Sinn erzeugen und inwiefern sie als Symbole untersucht werden können, ist Thema der Kunstgeschichte, der Medientheorie und Bildwissenschaft sowie der philosophischen Erkenntnistheorie, wie sich stichprobenartig und als Auftakt zu einer Theorie der Ikontik im Kontext der künstlerischen Forschung zusammentragen lässt:
Aus erkenntnistheoretischer Perspektive hat Nelson Goodman die Kunst als eine Sprache verstanden und im Rahmen einer allgemeinen Symboltheorie untersucht. Dem Erkenntnistheoretiker ging es darum, das Expertensystem der Kunst als eine Weise der Welterzeugung neben die Wissenschaften und deren Artikulationsformen und Welterzeugungsweisen zu stellen.2 Kunst ist für Goodman ein Symbolsystem, das nonverbale Aussagen generiert und mit diesen Aussagen Welt nicht nur erfassen, sondern auch erschaffen kann. Der argumentative Doppelschritt Goodmans besteht darin, zu zeigen, dass künstlerische Gebilde auf eine symptomatisch ästhetische Weise bedeuten und kraft dieses Bedeutens produktiv wirken – sie erzeugen die Welt, die sie erfassen. Wir werden uns die Thesen Goodmans zur semantischen »Dichte« und syntaktischen »Fülle« der künstlerischen Artikulationsweise noch genauer ansehen. Denn sein Interesse an der visuellen Kultur als einem Symbolsystem, das Bedeutungen generiert, ist erkenntnistheoretisch motiviert und an dem spezialisierten Ausdruckskosmos der Kunst interessiert. Ihm geht es um ein Verständnis des verbalen, visuellen und numerischen Erkennens durch das Erschaffen von begrifflichen, ästhetischen oder formelhaften Aussagen. Und dieses epistemologische Interesse bringt ihn dazu, die sinn- und weltstiftende Qualität auch künstlerischer Gebilde genauer zu analysieren und als Sprache zu begreifen. Goodmans philosophische Reflexionen haben in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stattgefunden und damit Jahrzehnte bevor die westliche Welt begann, von künstlerischem Forschen zu sprechen, und aufmerksam wurde, auf das erkenntnistheoretische Problem, wie Kunst ihre Forschungstätigkeiten solchermaßen kommuniziert, dass ihre Einsichten nachvollziehbar werden oder als Wissen und Weltverstehen verhandelbar.
In der Kunstgeschichte hat schon Ende des 19. Jahrhunderts Aby Warburg mit dem Begriff der »Ikonologie« den Grundstein gelegt zu einer Analyse der symbolischen Formen in künstlerischen Bildnissen. Warburg erkannte in der Kunst, aber auch in den symbolischen Anordnungen von Ritualen, existentielle Ausdrucksweisen des Menschen. Das Anliegen Warburgs war es, diese existentiellen Ausdrücke, die er die »Pathosformeln« nannte, mit den Mitteln einer ikonischen Kombinatorik zu entschlüsseln. Als eigentlich begrifflich arbeitender Kunsthistoriker legte Warburg dabei die kulturellen Ausdrucksformen des Menschen – wegweisend für die ästhetische Forschung – nicht nur in Texten aus. Sein ›Mnemosyne Atlas‹ kann als frühes Zeugnis eines visuell-flächigen Forschens betrachtet werden.3 Warburg hat mittels der ästhetischen Auslegeordnung von Fotos auf seinen Atlastafeln beansprucht, durch visuelle Artikulation ikonisches Wissen zu generieren und zu kommunizieren. Die von ihm vermuteten »Pathosformeln« sollten mit dem ›Mnemosyne Atlas‹ durch das räumliche Arrangement der sie zeigenden Bildnisse erkennbar werden. Seine Argumentationsstrategie war auf das visuelle Erkennen von Ähnlichkeiten in Bildern ausgerichtet. Ein solches räumliches Arrangieren von Bildnissen ist ein originär künstlerisches Mittel der Sinnstiftung, das Warburg hier nutzt, um kulturwissenschaftliche Thesen optisch evident – eben einsichtig – und zugleich nachvollziehbar – in der topischen Anordnung – zu machen. Anders als dem Erkenntnistheoretiker Goodman geht es dem Kunsthistoriker Warburg mit seiner Ikonologie als Methode weniger um die Analyse der Mikrostruktur ikonischer Sinnstiftung oder die Untersuchung der Kunst als einer allgemeinen Sprache, sondern um die Identifikation einzelner, zentraler, kultureller Grundmotive innerhalb ausgewählter künstlerischer Artefakte. Sein Anliegen ist weniger eine, der Linguistik vergleichbare, Analyse grammatischer Strukturen künstlerischen Bedeutens, als vielmehr eine Art ›Rhetorik‹, welche die einflussreichen Tropen der Kunst zu erfassen versucht. Warburg dechiffriert die zentralen Sprachfiguren und Schlüsselbegriffe menschlicher Existenz auf bildlicher Ebene. Mit der von ihm auf den Weg gebrachten »Ikonologie« ist aber der Kunstgeschichte vor allem eine Methode des Auslegens an die Hand gegeben worden, die über reine Stilgeschichte hinausgehend den ikonischen Symbolen fundamentale Bedeutungsgehalte zugesteht. Diese Methode des Auslegens wird von Erwin Panofsky zu einer Hermeneutik des Bildverstehens ausgearbeitet, die in Korrelation zu literarischen Interpretationsverläufen verschiedene Stufens des ›Lesens‹ von Bildern vorschlägt.4 Von dem ersten Erkennen des Motivs – was wird gezeigt – bis hin zu kulturhistorisch informierten Antworten auf die Frage – was soll es bedeuten – staffelt sich in Panofskys Interpretationsanleitung das Verstehen von ikonischen Äußerungen der Kunst. Die kunstgeschichtliche Ikonologie konzentriert sich mit dieser Methode der Motivanalyse auf ausgewählte Tafelbilder der Kunst und deren historische Genese sowie kulturelle Bedeutung.
Doch mit der multimedialen Kultur im 20. und 21. Jahrhundert entwickelt sich neben den künstlerischen Bildnissen in Galerien, Kirchen und Museen eine Fülle an massenmedialen Bildprodukten in Zeitschriften und auf Werbetafeln, in Fernsehsendungen und Smartphones. Und mit diesen neuen Bildern erweitert sich notwendigerweise auch der kunstgeschichtliche Blick. Er richtet sich nicht mehr nur auf die Bedeutungsgehalte des Expertensystems der ikonischen Hochkultur und nicht mehr nur auf die Gehalte von singulären Bildnissen. Der theoretische Blick richtet sich nunmehr auch auf die vielen geläufigen Alltagsbilder, die uns allgegenwärtig umgeben. Massenmediale Bilder verdichten sich in der Wahrnehmung der Betrachter zu einer Art Rauminstallation und bevölkern den profanen Alltag. Diese verdichteten ikonischen Produkte stellen sich den Interpreten als ein allgegenwärtiges Gefüge von aufeinander bezogenen Bildnissen dar. Die Kunstgeschichte sieht sich gezwungen, mit dem Mächtig-werden der visuellen Massenkultur zu einer Bildwissenschaft und Medientheorie zu werden. In diesen Disziplinen werden ikonische Artefakte seltenere für sich genommen dechiffriert, als vielmehr eingebettet in eine allgegenwärtige Bilderlandschaft. Einzelne Gehalte verlieren an Gewicht. Ikonische Zusammenhänge geraten ins Visier. Diese beiden Verschiebungen in der wissenschaftlichen Analyse von ikonischen Artefakten im 20. und 21. Jahrhundert sind mithin zentral: Die Ausweitung der Bilder auf eine Art zusammenhängender Rauminstallation und ihre Alltäglichkeit in der kulturellen Landschaft. Entsprechend beanspruchen die Medientheorie und Bildwissenschaft das Phänomen Bild als Massenmedium und kulturelles habitat des Menschen zu verstehen und nicht mehr nur als Ausdruck avancierter Einzelfälle. Anstelle einer, von der Literaturwissenschaft inspirierten Technik des Interpretierens von besonderen Bildnissen, geht es mit den populären Bildern um die Untersuchung des gewöhnlichen Bedeutens und Verstehens im Sinne einer profanen Ikontik und um die Dechiffrierung der sinnstiftenden Zusammenhänge der Bilderwelt als ganzer. Die Politik der Bildnisse wird evident, weil die Taktik der visuellen Zusammenhänge in deren Gesamtheit unerforschte Wirkungen zu generieren scheint. Als Massenmedium stehen Bilder nunmehr auch unter Ideologieverdacht und eine ›visuelle Literazität‹ wird medientheoretisch für eine kulturelle Grundausstattung des Alltags gehalten aber auch als kritische Kompetenz gefordert, um dem manipulativen Kommunikationsweisen der Massenmedien eine kritische Lesefähigkeit entgegensetzen zu können. Dass Bilder überhaupt Kommunikationsmedien sind, dass sie mithin parallel zur verbalen Sprache Bedeutungen auf ihre ikonische Weise vermitteln, wird angesichts ihrer medialen Präsenz und ihres strategischen Einsatzes etwa in der Werbung in der Bildwissenschaft und Medientheorie als evident angesehen. Mitte der 1960er Jahre erkennet der Designer Gui Bonsiepe entsprechend zwischen der visuellen Wirkung der Bilder und der verbalen Rhetorik der Worte Parallelen und beansprucht die Gestaltungspraxis im Wissen um diese Rhetorik der Bilder auf das Fundament visuell-verbal übergreifender Erkenntnisse zu stellen.5
Die Frage nach einer »Grammatik des visuellen Designs«6 stellt sich im Zeitalter der visuellen Kultur nicht mehr ontologisch, als Frage nach der Existenz einer solchen Grammatik, sondern kritisch, als Frage nach deren genauer Funktionsweise und Wirkungsmacht. In den 1980er Jahren hat entsprechend der Medientheoretiker Stuart Ewen einen Beitrag zum Verständnis der öffentlichen Bilderwelten und deren Weisen des Bedeutens geleistet, indem er die Gehalte der Massenmedien kritisch ins Verhältnis zu den gesellschaftlichen Entwicklungen seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts setzte.7 Ewen identifiziert ästhetische Codes in den Bildprodukten, in denen sich gesellschaftliche Normen stabilisierend spiegeln. Ästhetisch repräsentiert wird in den öffentlichen Bildern der Medienwelt nicht alleine das direkte Abbild – etwa eine schlanken Körpersilhouette oder schmale Autokarosserie – jenes Abbild, welches auf der optischen Oberfläche der Artefakte primär zu erkennen ist, sondern ein Formencode, der die Werte der gesellschaftlichen Realität besetzt – etwa die Körperfigur und Karosserie als Signaturen einer schlanken Ökonomie. Die öffentlichen massenmedialen Bilder vermitteln in diesem Prozess der formalästhetischen Kommunikation etwas, was Ewen »Style« nennt. Style versteht er nicht als Modeerscheinung, sondern als ästhetische Markierung einer Seinsweise. Style wäre zu behandeln wie Sprache, um figurative Techniken des Bedeutens zu analysieren. Öffentliche Bilderwelten repräsentieren in Ewens Medientheorie mithin nicht nur flüchtige Geschmäcker wie Haarschnitte oder Kleiderordnungen, sondern kommunizieren eine, den ästhetischen Gemeinsinn ansprechende, ikonische Politik des Wissens über die Existenzweisen des Menschen. Komplexe Ähnlichkeitsbeziehungen mit gesellschaftlichen Realitäten scheinen in öffentlichen Bilderwelten hergestellt und als soziale Visionen abgebildet und figuriert zu werden. Die visuelle Kultur arrangiert auf diese Weise zwischen Menschen und Bildern nicht nur ein semantisches Verhältnis der Kommunikation, sondern auch ein pragmatisches Verhältnis der Wirksamkeit. Ewens Theorie bietet eine Grundlage, um die alltägliche visuelle Sprache hinsichtlich ihrer Pragmatik zu entschlüsseln und kritisch zu untersuchen, inwiefern sich durch den Einsatz ästhetischer Codes ikonischer Sinn als Realität materialisiert. Dabei geht es um den Ausweis einer effektiven – nicht alleine manifesten – Materialität der Bilderwelt – der imagery.8 Bilder sind als Artefakte materiell anwesend. Die kritische Vermutung aber ist, dass sie als Kommunikationsmittel auch die Welt zu formen in der Lage sein könnten. Der Topos von der ›Materialität der Bilderwelt‹ markiert begrifflich die Wirksamkeit des Symbolischen im Realen – genauer die Effektivität des Ikonischen als Realität.
Die Beobachtungen, dass Daseinsweisen oder Subjektpositionen in den öffentlichen Bilderwelten codiert sind und als solche stabilisierend ›gelesen‹ werden, wird in den 90er Jahren durch den britischen Kulturwissenschaftler Stuart Hall bestätigt. Hall etabliert den Begriff des »Repräsentationsregimes«9, um zu verdeutlichen, dass in den öffentlichen Bildern kulturelle Standards nicht nur kommuniziert werden, sondern sich auch auf die kulturelle Realität applizieren. Bei Ewen und Hall stehen die Bewohner der medialen Bilderwelten tatsächlich unter einem »Regime« der ästhetischen Codes und werden als Effekte der visuellen Kultur gedacht. In diesen ästhetischen Bedeutungstheorien wird zu zeigen beansprucht, dass das ›Lesen‹ von ikonischen Bedeutungsgehalten die Wahrnehmenden auch figuriert. Weniger als intentionales Ausdrücken von Weltverstehen werden die Bilder verstanden, sondern als Angesprochen-werden von Bildern kommen die Rezipienten in Betracht. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich in diesen Medientheorien vom Bild als einem Zeichensystem, hin zu den Bewohnern der visuellen Kultur, die von den Gehalten der Bilderwelten angesprochen werden. Was die Bilder von uns wollen, fragt folgerichtig der Kulturwissenschaftler W.J.T. Mitchell10 und fokussiert damit nicht die künstlerische Erzeugung von ikonischen Artefakten, sondern die Bilderwelt der massenmedialen visuellen Kultur als Umwelt, die zu uns spricht und unser Selbstverstehen prägt. Seine medientheoretische oder bildwissenschaftliche Bedeutungstheorie orientiert sich in ihrer Pragmatik des visuellen Bedeutens aber trotzdem noch an der kunsthistorischen Tradition der Motivanalyse, wie sie von der Ikonologie Warburgs und Panofskys vorgelegt wurde, und weniger an einem gleichsam linguistischen Verständnis visueller symbolischer Systeme, wie bei Goodman. Aus der Perspektive künstlerischen Forschens und dem Verständnis von Kunst als einer Wissenschaft wird allerdings eben dieser, eher linguistische Analyseblick interessant. Er ist auf eine Ikontik künstlerischen Mitvollziehens ausgerichtet und hilft insofern begreiflich zu machen, wie ikonischer Sinn planmäßig – als Vermögen der Kunstschaffenden – erzeugt wird sowie überpersonell – durch eine den Lesenden als Gemeinsinn oder Expertise kenntliche Ordnung – verstanden werden kann. Man muss ikonische Artefakte ›lesen‹ können, um ihren Aussagenkosmos als Mitteilung zu verstehen. Wir können ikonische Artefakte ›lesen‹. Sie ›sprechen‹ zu uns. Ob direkt oder subtil, historisch gewachsen oder anthropologisch konstant, nichtidentisch oder ostentativ, als Konvention oder aus den Dingen selber heraus – das ist zu klären.
1… wobei hier die beiden verwendeten Begriffe des ›Zeichens‹ und des ›Symbols‹ gleichermaßen als Marken für semiotische Phänomene verstanden werden, mithin als Begriffe für Bedeutungsträger, die auf etwas verweisen, was sie selber nicht sind. Mehrdeutig und diskutabel sind Zeichen und Symbole zumeist und daher Gegenstand der Semantik als einer Theorie der Bedeutungen. In der Geschichte des Nachdenkens über Kommunikationssysteme wurde diesen beiden Begriffen (und anderen wie dem ›Signal‹, ›Ikon‹, ›Index‹) immer wieder unterschiedliche Wertigkeit zugewiesen. Mal galt das Symbol als übergeordneter Begriff, dann wieder das Zeichen. Etymologisch stammt das eine aus dem indogermanischen und referiert über die Bedeutung des Glänzenden auf das Wunderzeichen, während das andere aus dem Griechischen kommend Erkennungszeichen meinte. Metaphysisch im Erbe das eine und markierend im Sinne der Markenerkennung das andere und mithin in diesen Differenzen an dieser Stelle wenig hilfreich zu unterscheiden.
2Vgl. Goodman: Sprachen der Kunst,1997 sowie: Goodman: Weisen der Welterzeugung, 1984.
3Vgl. Warburg: Der Bilderatlas MNEMOSYNE, 2000.
4Vgl. Panovsky: Sinn und Deutung in der bildenden Kunst, 1978.
5Bonsiepe: Visuell-Verbale Rhetorik, in: Joost, Scheuermann (Hg.): Design als Rhetorik, 2008, S. 27-43.
6So der Untertitel eines Buchs, das sich im Detail der Struktur visueller Kommunikation widmet: Kress, van Leeuwen: Reading Images, 2009.
7Vgl. Ewen: All Consuming Images, 1988.
8Das englische Wort imagery vereinigt eine im Deutschen nicht ausdrückbare, zusammengefasste Qualität von Bildlichkeit, Bilderwelt und Metaphorik – also vor allem qualitative und symbolische Dimensionen von Bildlichkeit. Diese Bedeutungsintensität der Vokabel hängt wohl auch mit der englischen Differenzierung zwischen picture und image zusammen. Während nämlich ersteres das materielle Ding meint, benennt das zweite eher den Gehalt – das Bildliche.
9Vgl. Hall: Ideologie, Identität, Repräsentation, 2004.
10Vgl. Mitchell: What do Pictures Want, 2005 bzw. die deutschsprachige Aufsatzsammlung: Mitchell: Das Leben der Bilder, 2008.