Mehrdimensionale Aushandlungen europäischer Identifikation und Differenzierung in Merle Krögers Roman Havarie
AbstractThe following paper examines the European self-image in the context of the so-called refugee crisis. It focuses on Merle Kröger’s novel Havarie (2015), which narrates the encounter between an Algerian refugee boat and the cruise ship Spirit of Europe on the Mediterranean. This confrontation pits two distinct yet connected social groups against each other: those who are privileged and those who are marginalised. The former group prioritises the protection of its own privileges over the rescue of refugees. The paper questions the extent to which escape is addressed in the discourse of a ›European identity‹. It discusses the critical aspects that emerge in relation to the European model of a ›united diversity‹, which identifies heterogeneity as desirable, but which at the same time stands in sharp contrast to an increasingly rigorous European policy of isolation.
TitleMultidimensional Negotiations of European Identification and Differentiation in Merle Kröger’s Novel Havarie
KeywordsEuropean identity; narratives of flight; Contemporary German Literature; Merle Kröger; interculturality
Vorbemerkung
In Merle Krögers Roman Havarie (2015) wird das Mittelmeer zum Schauplatz einer ungewöhnlichen Begegnung, bei der ein in Seenot geratenes Fluchtboot aus Algerien, ein irisches Frachtschiff, die spanische Seenotrettung und der Luxusliner Spirit of Europe aufeinandertreffen. Dabei stellt das Kreuzfahrtschiff, dessen Tourist*innen sich schaulustig um die besten Plätze an Deck drängen, einen eigenen Mikrokosmos dar, der in seinem Inneren weitere sozial-hierarchische Räume separiert – von den Cocktails trinkenden Passagier*innen auf dem Oberdeck bis zu den illegalen, unterbezahlten Hilfsarbeiter*innen in der Wäscherei. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis der Mikrokosmos der Spirit of Europe zum Makrokosmos Europa steht. Welches europäische Selbstverständnis lässt sich angesichts der humanitären Katastrophe der sogenannten Flüchtlingskrise erkennen und wie wird dieses im Roman präsentiert? Der Beitrag widmet sich diesen Fragen, indem er analysiert, inwiefern in Havarie Flucht im Kosmos einer ›europäischen Identität‹ erzählt wird. Von Interesse ist dabei, welche kritischen Aspekte sich auftun, wenn es um das europäische Leitbild einer ›geeinten Vielfalt‹ geht, das Heterogenität als erstrebenswert ausweist, gleichzeitig aber in scharfem Kontrast zu einer immer rigoroseren europäischen Abschottungspolitik steht. Im Folgenden soll zunächst das Konzept ›Vielfalt‹ als zentraler Topos im europäischen Identitätsdiskurs behandelt werden, um es dann in einen Konnex mit der europäischen Abschottungspolitik zu stellen. Beide Aspekte werden danach mit Blick auf Merle Krögers Roman Havarie untersucht, der Flucht und Fluchtgeschehen vor dem Hintergrund europäischer Verantwortung beleuchtet.
Das Konzept ›Vielfalt‹ als zentraler Topos im europäischen Identitätsdiskurs
Der Begriff ›Identität‹ erfreut sich in den öffentlichen Debatten der Gegenwart großer Beliebtheit, wenngleich er mit gänzlich verschiedenen Konnotationen, Erwartungen und Bedeutungen versehen wird. Die semantische Pluralität des Begriffs stellt auch die wissenschaftliche Forschung wiederkehrend vor definitorische Schwierigkeiten, wie eine kurze Sichtung der schier unendlichen Forschungsarbeiten gänzlich unterschiedlicher Disziplinen zum Identitätsbegriff zeigt (vgl. Wille 2021: 40-43). Markus J. Prutsch zufolge bedingen den Begriff ›Identität‹ markante konstruktivistische und in seiner Semantik veränderbare Aspekte; zugleich habe ›Identität‹ sowohl eine individuelle als auch eine kollektive Dimension, sodass sich der Begriff einer eindeutigen und umfassenden Definition verweigere und konzeptionell diffus bleibe (vgl. Prutsch 2017: 5). Dennoch lasse sich feststellen, dass – ungeachtet »der damit verbundenen terminologischen und begrifflichen Herausforderungen« – »›Identität‹ zu einem allgegenwärtigen Konzept geworden [ist], um Gemeinschaftsbildungsprozesse vor allem auf nationalstaatlicher Ebene (›nationale kollektive Identität‹) zu beschreiben und politisch zu steuern.« (Ebd.) Dies gilt auch für Europa: Im Hinblick auf die identitätspolitische Frage, welches Selbstverständnis die Europäische Gemeinschaft kennzeichnet, zeigt sich die große Schwierigkeit, im Dickicht der historisch begründeten, nationalen Vielfalt mögliche Orientierungspunkte für eine übergeordnete ›europäische Identität‹ auszumachen. Diese Überlegungen sind elementarer Bestandteil der interdisziplinär geführten Diskussionen zu diesem Thema, wobei die Europäische Union (EU) in diesem Prozess als ›Hauptkonstrukteurin‹ agiert: »Sie hat sich die Deutungshoheit über diejenigen Inhalte gesichert, die als ›europäisch‹ angesehen werden« (Zimmermann 2010: 2f.). Als Anknüpfungspunkt dient der EU die »Argumentationsfigur einer ›europäischen Wertegemeinschaft‹«, die sich insbesondere aus kulturellen wie politischen Werten konstituiert (ebd.: 2). Vor diesem Bezugsrahmen ist das selbstgewählte Motto der EU, In Vielfalt geeint, näher in den Blick zu rücken, da es dezidiert auf ein politisch-kulturelles Selbstverständnis positiver Vielfalt und Einheit abzielt. Dem Verständnis der EU zufolge, das von der EU-Generaldirektion Kommunikation auf der offiziellen Homepage profiliert wird, bringt das Motto »zum Ausdruck, dass sich die Europäer in der EU zusammengeschlossen haben, um sich gemeinsam für Frieden und Wohlstand einzusetzen, und dass gleichzeitig die vielen verschiedenen europäischen Kulturen, Traditionen und Sprachen den gesamten Kontinent bereichern.« (Europäische Union/Generaldirektion Kommunikation o.D.) Das Konzept der Vielfalt fungiert also als »zentrale[r] Topos im europäischen politischen Diskurs« (Kraus 2011: 19). Es findet sich nicht nur im Narrativ der europäischen Vereinigung wieder, das sich speziell im Kontext der Osterweiterung etabliert hat, sondern auch im Slogan Für Vielfalt. Gegen Diskriminierungen der EU-Antidiskriminierungskampagne, die von 2001 bis 2006 bestand (vgl. ebd.). Wenngleich die EU im offiziellen Diskurs über ihr Selbstverständnis ›Vielfalt‹ als wertvolle Komponente postuliert, steht dieses positive Bekenntnis zur Diversität jedoch im Kontrast zur europäischen Abschottungspolitik, die durch tiefgreifende Widersprüche zum eigentlichen Credo gekennzeichnet ist (vgl. ebd.: 27), wie im Folgenden aufgezeigt werden soll.
Europäische Werte im Konflikt
Abschottungspolitik und kollektive Identitätsbildung
Im Umgang mit der aktuellen humanitären Krise im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen nach Europa ist die Frage, ob und inwieweit die EU in Form von ›Flüchtlingspolitik‹ auch ›Identitätspolitik‹ betreibe, Bestandteil vielfältiger Debatten über das europäische Selbstverständnis. So hat sich vorwiegend seit 2015 und dem Beginn der großen Fluchtbewegungen nach Europa die anfängliche Willkommenskultur kontinuierlich in eine Abschottungskultur gewandelt. Die EU, die ihre Außengrenzen immer drastischer gegen Flüchtende schließt, wird für ihre Migrationspolitik sowohl innereuropäisch als auch international scharf kritisiert (vgl. hierzu auch Ehrmann 2021) – zuletzt für ihre Asylreform von April 2024, die noch striktere Abschieberegelungen für Asylsuchende vorsieht als bisher.1
Zu den Grundelementen der europäischen Ideale gehören »Frieden, Freiheit und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten, das Recht auf individuelle Selbstbestimmung und Pluralismus.« (Prutsch 2017: 29) Doch wenngleich sich die EU auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit als europäisches Fundament beruft, ist »die Diskussion um die Aufnahme von Geflüchteten in Europa seit Jahren von Abschottung, Begrenzung und Entmenschlichung geprägt« (DIMR/Suerhoff o.J.). Wie Anna Suerhoff vom Deutschen Institut für Menschenrechte betont, werden Geflüchtete »in zunehmendem Maße als Bedrohung oder zumindest als Belastung angesehen.« (Ebd.) Vor diesem Hintergrund ist auch der Begriff ›Flüchtling‹ in die Kritik geraten, da er als substantiviertes Verb, das mit dem Suffix ›ling‹ gebildet wird, in die Nähe negativ konnotierter Substantive wie ›Sträfling‹, ›Eindringling‹, ›Feigling‹ oder ›Wüstling‹ gerät (vgl. Schlicht 2022: 35).2 Die Verwendung von ›Flüchtling‹ geschieht oftmals herabwürdigend, denn mit dem Begriff wird zugleich eine negativ konnotierte ›Andersartigkeit‹ suggeriert, die nicht mit Europa und westlichen Werten in Verbindung gebracht wird und eine vollwertige Anerkennung ›des Anderen‹ als ebenbürtig ausschließt. Diese Beobachtung lässt sich in den größeren Zusammenhang der Frage nach einer ›europäischen Identität‹ einordnen, wofür ein Blick auf kollektive Identitätsbildungsprozesse aufschlussreich ist. Für diese ist zweierlei zentral, wie Gudrun Quenzel in Anlehnung an Bernhard Giesen (1999: 130) verdeutlicht: Einerseits bedarf es »der Identifikation mit den Vorstellungen über diese Gemeinschaft«, andererseits lassen sich »auch Strategien der Abgrenzung« erkennen, weshalb »die Konstruktion kollektiver Identität […] auf der Konstruktion von Grenzen zwischen einer Gemeinschaft von Gleichen und einer Vielfalt von Außenstehenden« besteht (Quenzel 2005: 96). Ohne dass Quenzel explizit von othering spricht, lässt sich dennoch schlussfolgern, dass othering im Prozess der kollektiven Identitätsbildung geschieht. Denn indem das ›Eigene‹ in Abgrenzung zum ›Fremden‹ konstituiert werde, würden all diejenigen, »die nicht in die Vorstellung vom eigenen Kollektiv einbezogen werden«, zu den ›Anderen‹ deklariert, denen aber »ebenfalls eine kollektive Identität zugesprochen wird.« (Ebd.) Mit Blick auf die historisch gewachsene kulturelle Vielfalt Europas zeigt sich die Unmöglichkeit, »die kollektiven Gegenidentitäten eindeutig zu bestimmen. Entsprechend einer Vielzahl konkurrierender europäischer Identitätsentwürfe existiert auch eine Vielzahl europäischer Anderer.« (Ebd.) Diese ›europäische Abgrenzung‹ auf kultureller Ebene spiegelt sich auch auf räumlicher Ebene wider, für die der Grenzraum ›Mittelmeer‹ einen zentralen Stellenwert erhält, wie im Anschluss näher beleuchtet wird.
Das Mittelmeer als interkultureller Grenz- und Aushandlungsort
Das Mittelmeer wurde lange Zeit als Wiege der europäischen Kultur betrachtet. Für das Selbstverständnis Europas stellt der mediterrane Grenzraum einen wichtigen Bereich dar, der mit einer Abgrenzung zu den benachbarten Kontinenten Afrika und Asien einhergeht. In diesem Kontext fungiert das Mittelmeer als ein von Interkulturalität geprägter Raum, der als distinktiver Aushandlungsort für europäische Identifikation und Differenzierung dient. Denn Europa hat sich, wie María do Mar Castro Varela, Nikita Dhawan und Shalini Randeria (2010: 187) anmerken, »nicht minder von innen wie von außen durch Abgrenzungen und Grenzverschiebungen konstituiert.« Die Konstitution von Räumen – wie dem Mittelmeer – ist maßgeblich durch Grenzen geprägt (vgl. ebd.), die für die postkoloniale Theorie »eine der machtvollsten Diskursformationen der Moderne« (ebd.) darstellen. Grenzen fungieren als Metapher und sind zugleich hergestellte Realitäten. Sie bezeichnen »nicht nur das, was zwischen Räumen und Territorien liegt, sondern markieren auch eigene Räume. […] Die Grenzziehung als Praxis ist dabei Teil von Herrschaftsformationen.« (Ebd.) In Anlehnung an Klaus Eder lässt sich die Grenzziehung als »kommunikativer Akt« bezeichnen und die Existenz von Grenzen als das Resultat eines sozialen Prozesses: »Kommunikation von Differenz erzeugt Identität und Kommunikation von Identität erzeugt Differenz.« (Eder 2007: 188) In seiner Studie aus dem Jahr 2010 weist Ulfried Reichardt (vgl. 2010: 50f.) darauf hin, dass Grenzen für die Gegenwart nach wie vor eine prägende Rolle spielen. Entscheidend sei dabei aber die Perspektive, aus der diese Bedeutung abgefragt werde: Denn obwohl die Grenzen innerhalb der EU und im Zuge der Globalisierung durchlässiger geworden seien und deren Relevanz für EU-Bürger*innen abgenommen habe, wurden die nationalen Grenzen gegenüber Einwanderung aus dem Globalen Süden – wie die europäische Asylpolitik zeigt – massiv verschärft. Wie Steffen Mau betont, sind »Grenzen Instrumente und Orte der sozialen Sortierung« (Mau 2022: 80; er bezeichnet »Grenzen als Sortiermaschinen«; ebd.: 79). Grenzen arbeiten mit Ausschluss, zugleich bedingen sie aber auch Zugehörigkeiten und Identitätsverständnisse. So haben sich die Grenzen »in erster Linie verschoben, keineswegs jedoch aufgelöst.« (Reichardt 2010: 51) Als wichtigste imaginäre ›Grenze‹ der Gegenwart identifiziert Reichardt »diejenige zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden, die auf einem Wohlstandsgefälle gründet. Eine Welt ohne Grenzen für alle wird wohl eine Utopie bleiben« (ebd.). Eine Utopie bleibt in diesem Bezugsrahmen auch das an früherer Stelle vorgestellte Narrativ der positiven kulturellen Vielfalt innerhalb der EU, das jedoch längst nicht für alle Einwohner*innen oder die, die es potenziell werden möchten, gilt. Für eine Vielzahl an Geflüchteten und Asylsuchenden verliert sich die Suggestion eines Diversität beschwörenden Europas ins Gegenteil. Denn zunächst ist Europa oftmals »eine vielgelobte Aspiration, eine Hoffnung, ein Möglichkeitsraum« (Zitzlsperger 2020: 119), was sich jedoch als Trugbild erweist. In der Realität – so Ulrike Zitzlsperger – »ist Europa – losgelöst von historischen Zusammenhängen und Wendepunkten – aber ein Ort der Ausgrenzung« (ebd.). Von außen betrachtet erscheint die ›Festung Europa‹ als »abschreckende Einheit und für potenzielle Einwanderer grundsätzlich unzugänglich« (ebd.: 119f.). In Bezug darauf erfährt die Grenze einen doppeldeutigen Sinn, da »nicht nur Staatsgrenzen unüberwindbar« sein können, »sondern auch die Kultur des Kontinents« (ebd.: 120). Diese Doppeldeutigkeit ist auch dem Mittelmeer gemein, das in erster Linie als Kulturraum und Sehnsuchtsort wahrgenommen wird. Als codierter interkultureller Grenz- und Übergangsraum jedoch verbindet das Mittelmeer aus der nach Europa gerichteten migrantischen Perspektive Vergangenheit mit Zukunft, Unsicherheit mit (vermeintlicher) Sicherheit (vgl. hierzu auch Görner 2020). Gleichzeitig gilt die Fluchtroute über das Mittelmeer weltweit als eine der gefährlichsten und tödlichsten. Die überwiegende Anzahl an Flucht- und Migrationsbewegungen in die EU erfolgt jedoch über die Mittelmeerpassage, da alternative, sichere und legale Fluchtwege über den Luft- oder Landweg kaum noch vorhanden sind.
Mit Blick auf die Frage, wie Flucht literarisch verhandelt wird, verweisen Dieter Wrobel und Jana Mikota (vgl. 2017) darauf, dass Flucht sowohl durch die Räume der Flucht selbst als auch durch die Markierung der Räume, etwa durch Grenzen, geprägt ist. Zugleich sind aber auch die Fluchtrouten und Fluchtverläufe von Interesse, die sich anhand literarisch-topografischer Raumkonzepte kontextualisieren und decodieren lassen (vgl. hierzu auch Nickel 2022). Dabei führen Fluchtverläufe »Flüchtende nicht nur durch geografisch herausfordernde oder gefährliche Räume (z.B. Gebirge, Wüste, Meer)«, sondern sie bedingen auch verschiedene kulturelle Räume, »in denen Ordnungen etabliert sind, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind« (Wrobel/Mikota 2017: 11). Vor diesem Hintergrund können »Fluchtrouten neben allem anderen auch als kulturelle Erfahrungsräume verstanden werden« (ebd.). Die Fragen, wie Flucht erzählt wird und welche kulturellen Erfahrungsräume eröffnet werden sowie welches Wissen die Literatur über die humanitäre Krise von Flucht und Vertreibung einerseits, aber auch über das Selbstverständnis Europas hinsichtlich dieser Notlagen andererseits bereithält, lenken den Blick auf Merle Krögers Roman Havarie. Der Roman erschien 2015 und damit im Jahr der beginnenden intensiven Fluchtbewegungen nach Europa. Inspiriert wurde Kröger für die Handlung durch Recherchen für den gleichnamigen Dokumentarfilm (2016) von Philip Scheffner, für den sie das Drehbuch mitschrieb. Der Film basiert auf einem YouTube-Clip, der das Zusammentreffen eines havarierten Schlauchboots mit Flüchtenden und dem Kreuzfahrtschiff Adventure of the Sea festhält, das sich im September 2012 tatsächlich ereignete. Auf dieser Grundlage zeichnet der Roman ein eindringliches Porträt einer aus den Fugen geratenen Welt, die fortwährend Ungleichheitsstrukturen produziert. Inwiefern dabei – vor allem mit Blick auf Europa – Exklusionsmechanismen markiert sowie damit einhergehende koloniale Praktiken entlarvt werden, wird im Folgenden analysiert.
Merle Krögers Roman Havarie
Fluchtgeschehen im Angesicht europäischer Verantwortung
In Merle Krögers Roman Havarie wird das westliche Mittelmeer zum dramatischen Schauplatz einer Begegnung, die sich zwischen dem drittgrößten Kreuzfahrtschiff der Welt, der Spirit of Europe, und einem manövrierunfähigen Schlauchboot mit algerischen Flüchtenden abspielt. Mit dem Ereignis konfrontiert werden noch zwei weitere Schiffe, die ihre Route ebenfalls über das Mittelmeer nehmen: das spanische Seenotrettungsboot Salvamar Rosa, das sich auf der Suche nach dem havarierten Fluchtboot befindet, sowie der aus Algerien zurückfahrende, irische Frachter Siobhan of Ireland, der regelmäßig auf Flüchtende im Mittelmeer stößt. Die Begegnung unterschiedlicher Lebenswelten in dieser ungewöhnlichen Situation wird im Roman anhand verschiedener Formen des Mit-, Neben- und Gegeneinanderlebens veranschaulicht. Havarie erzählt multiperspektivisch elf individuelle Lebensgeschichten, in denen das Mittelmeer eine zweifache Konnotation erhält: Einerseits ist es das Ferienparadies der Privilegierten, andererseits der Burggraben der ›Festung Europa‹ für die Nichtprivilegierten und Marginalisierten. Letztere erfahren den Spirit of Europe, den Geist Europas, durch Abgrenzung und Abwehr.
Die Tatsache, dass der Roman in einer Krimireihe erschien und als Kriminalroman ausgewiesen ist, irritiert zunächst. Ein kriminalpsychologischer ›Fall‹ kann lediglich in Ansätzen ausgemacht werden: Joseph Quezón – im Roman als Jo bezeichnet –, der philippinische Sänger der Bordkapelle, verschwindet und wird von der Sicherheitsmitarbeiterin Lalita Masarangi gesucht. Der Text deutet an, dass Jo über Bord gegangen ist. Ob dies jedoch durch Suizid oder fremdes Einwirken geschah, bleibt bis zum Ende des Romans ohne Aufklärung. Vielmehr fungiert diese als Kriminalgeschichte geframte Handlung eher als Nebenschauplatz, der sich in die episodenhafte Struktur des Romans einreiht. Formal gliedert sich der Text in die drei Abschnitte »Die Nacht davor«, »Havarie« und »Die Nacht danach«, die wiederum in 44 Kapitel unterteilt sind. Die Kapitel sind jeweils mit dem Namen der jeweiligen erzählenden Figur und dem Ort des Geschehens gekennzeichnet, wodurch die Ereignisse rund um die Kollision des Fluchtboots mit dem Kreuzfahrtschiff narrativ organisiert werden. Damit verzichtet Havarie auf eine eindeutig gekennzeichnete Hauptfigur, um welche die Handlung konstruiert wird, die insgesamt einen Tag und zwei Nächte umspannt. Vielmehr entsteht der Handlungsstrang durch die jeweiligen, in einzelnen kurzen Kapiteln wiedergegebenen Individualperspektiven. Durch diese informiert der Roman zum einen über die gegenwärtigen Geschehnisse, zum anderen geben die Figuren in einem Wechselspiel aus »inneren Monologen, Momentaufnahmen und Erinnerungssplittern« (Krobb 2017: 20) persönliche Erfahrungen und Lebensgeschichten wieder. Anhand dieser biografischen Binnenerzählungen offenbart sich, dass jede der elf Figuren noch ein eigenes persönliches Drama zu berichten hat, das über die gegenwärtigen Ereignisse hinausgeht und im Kontext von Tod, Flucht oder Umweltkatastrophen zu verorten ist. Damit entsteht im Roman ein globales Kaleidoskop, das die Einzelschicksale von Menschen unterschiedlicher Länder verwebt und in den Gesamtzusammenhang von globalen politischen und sozialen Konfliktfeldern stellt (vgl. ebd.: 21).
So werden neben Jo, dem vermissten Sänger, dessen Familie bei dem Tsunami 2004 alles verloren hat, und Lalita, der nepalesischen Sicherheitsmitarbeiterin, die einer Gurkha-Familie entstammt und in Großbritannien aufgewachsen ist, zudem die Perspektiven des indischen Security Officers und ehemaligen Elitesoldaten Nikhil (›Nike‹) Mehta beleuchtet, der wiederkehrend seine Sympathien für die vermeintliche Strenge und Ordnung im Nationalsozialismus bekundet, sowie die des französischen ersten Offiziers Léon Moret, dessen Bruder aufgrund einer Umweltkatastrophe mit einer Behinderung zur Welt kam. Des Weiteren werden die Erlebnisse des Chirurgen Marwan Fakhouris thematisiert, der als syrischer Kriegsgeflüchteter illegal in der Wäscherei des Luxusliners arbeitet, sowie die Wahrnehmungen der älteren Frau Malinowski, die als Deutsch-Jüdin mit ihrer Familie im Zweiten Weltkrieg geflohen und nur dank eines Zufalls der Schiffskatastrophe der Wilhelm Gustloff 1945 entkommen ist. Die Lebensgeschichte von Seamus Clarke, einem irischen Touristen, wird anhand seines Traumas erzählt, den besten Freund im nordirischen Bürgerkrieg in den 1970er Jahren verloren zu haben und tagtäglich von der Erinnerung an seinen Tod eingeholt zu werden. Die Sicht auf die aktuelle Fluchtsituation wird von dem algerischen Fluchthelfer Karim Yacin und seiner in Frankreich bereits auf ihn wartenden und dringend auf eine medizinische Behandlung angewiesenen Verlobten Zohra Hamadi vertreten. Die Perspektive auf dem irischen Frachtschiff gibt der ukrainische Maschinist Oleksij (›Olek‹) Lewtschenko wieder, die auf dem spanischen Seenotkreuzer der Fischer Diego Martinez, der sich aufmacht, um das havarierte Schlauchboot zu orten. Die Lesenden erfahren, dass Olek und Diego zunehmend mit dem Schicksal der Geflüchteten und Vertriebenen konfrontiert werden, denn »das Mittelmeer füllt sich mit Toten wie ein Massengrab.« (Kröger 2015: 172) Der Text verweist damit auf die signifikante Zunahme von Flucht und Migration über den mediterranen Grenzraum. Krögers Roman thematisiert zudem die ökonomischen Aspekte der sogenannten Flüchtlingskrise und zeigt auf, inwiefern hinter jeder einzelnen Fluchtbiografie, hinter der humanitären Krise, ein vielschichtiger ökonomischer Zusammenhang besteht (vgl. Mensing 2015). Für diesen Zusammenhang kommt insbesondere Europa als ehemaligem ›Kolonialherren‹ eine zentrale Verantwortung zu, wie im Folgenden gezeigt wird.
Fluchtgründe im Spiegel kolonialer und ökonomischer Interessen
Die Verklammerung von Flucht, Tod und ökonomischen Interessen wird gleich zu Beginn des Romans eingeführt, indem der algerische Schleuser Karim als Grund für die Flucht resümiert: »Algerien ist Stillstand, ist Tod.« (Kröger 2015: 9) Die zwölf nordafrikanischen Männer, die in jener Nacht sein Boot besteigen, werden beschrieben als »junge Männer, die ihr Leben vergeuden, weil sie keine Zukunft haben« (ebd.: 9f.). Auch Karim, der vor seiner Tätigkeit als Schleuser vergeblich »in seinem Viertel rum[hing], immer auf der Suche nach einem guten Geschäft« (ebd.: 117), lässt sich in diese Kategorie einordnen. Karim ist 37 Jahre alt und überführt bereits zum sechsten Mal ein Fluchtboot von Algerien nach Spanien. Die bevorstehende Überfahrt soll seine letzte sein, da er sich gemeinsam mit seiner Verlobten Zohra eine Zukunft und einen Neustart in Europa erhofft: »Wohnung, Auto, Arbeit, Kinder, Träume, wie sie alle haben im Viertel La Solidarité, Marseille, fünfzehntes Arrondissement. Am Wochenende an den Strand nach La Redonne. Die Kinder bauen Sandburgen, die Männer zeigen ihre Muskeln und die Frauen ihre Schönheit.« (Ebd.: 79) Vor diesem Hintergrund wird das ambivalente Verhältnis zu Europa klar umrissen. Einerseits wird Europa als Ort der Hoffnung und Zukunft imaginiert, andererseits wird es als distinktiver Ort definiert. Für den glücklichen Fall, dass Karim mit Zohra in Frankreich Asyl bekäme, kann er sich trotzdem nur in einem Problemviertel wie La Solidarité als zugehörig imaginieren. La Solidarité gehört zu den Nordvierteln Marseilles. Das 15. Arrondissement steht, wie auch das 13., 14. und 16., für massive soziale Probleme und eine hohe Kriminalitätsrate, was nicht zuletzt mit rassistischen und diskriminierenden Strukturen einhergeht, da dort vor allem marginalisierte Schwarze Menschen leben. Gleichzeitig erkennt Karim für sich: »Frankreich ist neutrale Zone, ist Transit. Dort können wir zu anderen Menschen werden. Obwohl wir durch die Franzosen zu denen geworden sind, die wir sind. Eine verschlungene Acht ohne Ausweg.« (Ebd.: 184) Der Roman verweist somit auf die postkolonialen Problemlagen, die an der Beziehung zwischen Frankreich und Algerien exemplifiziert werden. Die Folgen des Kolonialismus, wie sie sich hier andeuten, scheinen noch an weiteren Stellen auf, etwa dann, wenn »auf die anhaltende wirtschaftliche Ausbeutung afrikanischer Länder hin[gedeutet] wird, die als Absatzmärkte für europäische Waren missbraucht werden.« (Omar 2020: 226) Im Roman gehen »volle Container nach Afrika und leere zurück nach Europa. Algerien konsumiert. Export gleich null, nur Gas und Öl, davon leben die hier.« (Kröger 2015: 15)
Darüber hinaus werden die Lesenden durch die Fluchtsituation der nordafrikanischen Männer mit einem brutalen ›Flüchtlingskapitalismus‹ konfrontiert. Das Geschäft mit der Flucht wird zunehmend lukrativer, da es im Roman keine legalen Möglichkeiten und Fluchtwege für die Schutzsuchenden nach Europa gibt. Karim gibt an, dass ihm »drei Boote zum Preis von zweien« angeboten wurden, er jedoch »diese Masche mit den Massenstarts« nicht mitmachen will (ebd.: 11): Er nennt es »algerisches Roulette«: »Drei starten, eins kommt durch. Die Pech haben, ersaufen vor den Augen der Küstenwache.« (Ebd.) Die tödliche Gefahr der Flucht begegnet den Männern auf dem Schlauchboot nur einen Moment später wieder: Nachdem Karims Boot in Richtung Spanien aufgebrochen ist, geht einer der Männer, ein Cousin Karims, über Bord, als die algerische Küstenwache das Boot registriert. Die Umstände, die zu dem Tod des Mannes führen, lässt der Roman unklar: Es besteht sowohl die Möglichkeit, dass er aufgrund von Karims schnellem Wendemanöver ins Wasser gefallen ist, als auch, dass er von den Warnschüssen der Küstenwache getroffen wurde (vgl. ebd.: 12). Eine dicke Nebelwand hilft dem Boot, unentdeckt zu bleiben und den Kurs auf Europa fortzusetzen. Zugleich deutet der Text an, dass auch die gewählten Fluchtboote stetig kleiner werden, um der Gefahr zu entgehen, von den Radargeräten aufgespürt zu werden (vgl. ebd.: 154). ›Unsichtbar sein‹ sowie ›sich unsichtbar machen‹ spiegelt sich auch in Karims Worten wider: »Wir sind die Unsichtbaren, les invisibles« (ebd.: 185). Wie Elena Giovannini (2019: 54) treffend bemerkt, bleiben die Geflüchteten »genauso ›unsichtbar‹«, auch »nachdem sie die europäische Küste erreicht haben, denn sie haben keine Papiere und keine Aussichten«.
Im Roman wird darauf hingewiesen, dass Karims Cousin nur kurze Zeit später von der algerischen Küstenwache geborgen wird und als »Toter« wie »ein nasses Bündel an Land fliegt« (Kröger 2015: 18). Beobachtet wird dieser grausame Fund von Olek, dessen Frachtschiff gerade dabei ist, den Hafen von Oran wieder zu verlassen. Im Verlauf der Handlung wird Olek noch ein weiteres Mal einen leblosen Körper im Mittelmeer entdecken. Als er seinen Kapitän darüber informiert und fordert: »Dmitri, wir müssen stoppen!«, antwortet dieser nur: »Weißt du, was das kostet, wenn wir die Maschine anhalten? Zurückfahren? Weißt du, was das kostet? […] Vielleicht hast du nur ein Stück Plastikplane gesehen?« (Ebd.: 70) Die ökonomische Dimension der humanitären Katastrophe als ›Kostenproblem‹ spiegelt sich ferner in Dmitris Sorge wider, an Bord des Frachters »wieder einen blinden Passagier auf[zu]gabeln«, der nach »Europa« will: In derartigen Fällen kontaktiere er dann den Reeder, »und der rechnet aus, was es kostet, den wieder loszuwerden. Wenn du überhaupt einen europäischen Hafen findest, wo du ihn an Land setzen kannst.« (Ebd.: 16) Das knallharte Kalkül ökonomischer Interessen offenbart sich auch dann, wenn im Verlauf der Handlung das aufgrund eines leeren Benzintanks manövrierunfähige algerische Schlauchboot auf den Luxusliner Spirit of Europe stößt. Gemäß geltendem Seerecht ist das Kreuzfahrtschiff verpflichtet, solange bei dem havarierten Boot zu verbleiben, bis die Seenotrettung eintrifft, und erst danach den Kurs Richtung Mallorca, dem Sinnbild für Party- und Wohlstandstourismus, wieder aufzunehmen – eine nervöse Situation für die Crew, da jede Minute, die bis zum Eintreffen der spanischen Küstenwache vergeht, mit großer Präzision kalkuliert wird. Die Situation wird von den Verantwortlichen als unwillkommene ökonomische Gewinnschmälerung eingestuft, denn in dieser Kosten-Nutzen-Rechnung überwiegt die skrupellose Profitgier den Wert eines Menschenlebens. Die Problematik, dass Geflüchtete nicht nur als Kostenfaktor, sondern auch als unerwünschte Belastung innerhalb Europas wahrgenommen werden, wird auch anhand von Nikes Rückblende thematisiert. Bei seinem Versuch, zu einem früheren Zeitpunkt gerettete Geflüchtete an einem europäischen Hafen wieder von Bord zu lassen, stieß er einheitlich auf Ablehnung:
Aber die sagten: ›Nada. Bringt sie nach Malta, wo ihr sie herhabt.‹ Die Malteser haben schon mehr als genug und wollen die auch nicht mehr. Die Briten nicht, in Southampton beim Turnover. Und Miami sowieso nicht. Bevor diese Typen heiligen US-amerikanischen Boden betreten, behält man sie lieber an Bord. (Ebd.: 60f.)
Havarie thematisiert auf eindringliche Weise die Geschichten von Flucht und Deplatzierung, indem sozial und politisch marginalisierte ›Flüchtlingsfiguren‹ und deren Abweisung schonungslos in den Fokus gerückt werden (vgl. hierzu auch Brittnacher 2018; Omar 2020). Inwiefern Fluchtverläufe zudem mit dem Verlust der persönlichen Identität und Integrität einhergehen, wird im Anschluss näher ausgeführt.
Fluchtverläufe und der Verlust der persönlichen Identität und Integrität
Eine weitere bedeutsame Fluchtbiografie wird mit dem syrischen Medizinstudenten Marwan eingeführt, der illegal in der Wäscherei des Kreuzfahrtschiffes arbeitet und immer wieder von Panikattacken und den traumatischen Kriegseindrücken aus seiner Heimat eingeholt wird. In einer früheren Fluchtaktion war er gemeinsam mit seinem nigerianischen Zimmernachbarn Oke in einem havarierten Fluchtboot unterwegs, dessen Mitfahrende von der Crew des Luxusliners an Bord geholt wurden. Durch ein Versehen gelang es Marwan und Oke, heimlich an Bord zu bleiben. Dieser zunächst als sicher wahrgenommene Ort entpuppte sich für beide jedoch als unentrinnbare Hölle: »Wir sind Verdammte auf diesem Totenschiff« (Kröger 2015: 24), das mit unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen einhergeht: »Kein Tageslicht in der Wäscherei. Kein Tageslicht in der Kabine. Kein Tageslicht in der Crewkantine. Eine verstohlene Zigarette draußen vor dem Trainingsraum. Kurzer Blick zum Himmel. Schönstes Urlaubswetter. Nicht für uns. Tote brauchen keinen Urlaub.« (Ebd.) Wie Karim, der sich als ›Unsichtbarer‹ beschreibt, empfindet sich auch Marwan als ›tot‹ und folglich als ›nicht existent‹.
Marwan und Oke teilen sich den Pass und die Identität des US-Amerikaners Jordan Baker (vgl. ebd.: 26), der ihnen aufgrund eines bürokratischen Versehens zugeteilt wurde. »Sie teilen sich den Namen sozusagen. Ohnehin interessiert es hier niemanden, wie du heißt. Wäscherei Nachtschicht. Ein Namenloser.« (Ebd.) An dieser Stelle rekurriert der Text auf den oftmals stattfindenden, desillusionierenden Verlust der persönlichen Integrität, der mit dem Status ›Flüchtling‹ verbunden ist. Oke und Marwan, die gezwungen sind, sich hinter einer geteilten Scheinidentität zu verstecken und damit ihre eigene, offizielle Identität einbüßen, stehen exemplarisch für die vielen Menschen, die mit dem Antritt der Flucht in einer abstrakten Gruppe von ›Flüchtlingen‹ verschwinden. Für beide, die die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa zur gefährlichen Flucht getrieben hat, erweisen sich die Spirit of Europe als ein Ort der Desillusionierung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft als fataler Trugschluss. So stellt Marwan resignierend fest: »Unser Leben im Ausland ist ohne jeden Sinn. Die Angst bleibt immer bei uns. […] Wir haben keine Zukunft.« (Ebd.: 220) Bei einem Arbeitsunfall erleidet er eine schwere Kopfverletzung, was für den Securitychef Nike zur »Problemlage« wird, da er einen »Illegale[n] an Bord« hat (ebd.: 60). Nike deutet diese »akute Bedrohung« jedoch nicht für Marwan, sondern für sich selbst, für »Nikhil Mehtas Zukunft« (ebd.). Im Text heißt es aus Nikes Perspektive: »Der arabische Hänfling liegt auf dem Laken und murmelt unverständliches Zeug.« (Ebd.: 57) Um ihn zu retten:
Hubschrauber anfordern. Nach Alicante oder Almería fliegen lassen. Kostenexplosion. Gar nicht zu reden von der Operation selbst. Miami wird ihn dafür verantwortlich machen. Das Ende seiner Karriere. Urmila und die Kinder brauchen ihn. Die Wohnung in Andheri West. Nicht abbezahlt. Mumbai. Immobilienpreise steigen weiter. Schulgeld. Die beiden Kindermädchen und die Köchin. Das Auto. Der Chauffeur. Sein Fitnessstudio. (Ebd.)
Die Lösung besteht für Nike darin, Marwan und damit das Problem im buchstäblichen Sinn zu ›entsorgen‹. In Begleitung seiner Mitarbeiterin Lalita sowie des ersten Offiziers Léon verlassen sie das Kreuzfahrtschiff und begeben sich in einem Schlauchboot zu dem havarierten Fluchtboot, um die Hilfesuchenden – gemäß Nikes offizieller Version – mit Wasser und Decken zu versorgen (vgl. ebd.: 150). Dabei übergeben sie den Bootsinsassen heimlich den verletzten Marwan. Dieser illegalen Tat gegenüber steht das ebenfalls heimliche Handeln von Léon, der den Flüchtenden unentdeckt einen Kanister Benzin gibt, durch das das Boot wieder fahrtüchtig wird. Zurück an Deck »ist [Nike] zufrieden mit dem Ausgang der Dinge« und seiner Problemlösung in Bezug auf Marwan, denn »es gibt für alles eine Lösung. Miami [= die Konzernzentrale; L.W.] wird das auch so sehen.« (Ebd.: 145) Das dargestellte Unrecht reflektiert der Text auf mehreren Ebenen: So wird Lalita ihrem Vater, dem Chef des Sicherheitsunternehmens und damit zugleich ihrem Vorgesetzten, später von dem Vorfall berichten: »Jemand wurde heimlich von Bord gebracht. Hier stimmt was nicht. ›Mach was. Papa.‹«; woraufhin ihr dieser lediglich entgegnet: »Nein Tochter, jetzt hörst du mir zu. Gold Cruises ist unser größter Auftraggeber.« (Ebd.: 227) Marwan wird schließlich an seiner Kopfverletzung und infolge der unterlassenen Hilfeleistung sterben.
Aus dem Tod Marwans wird am Ende Karim Hoffnung schöpfen, indem dieser, an der spanischen Küste angekommen, Marwans Pass findet und beschließt, dessen Identität anzunehmen:
Karim sucht in der Kleidung des Toten vorsichtig nach Taschen. Irgendwas, irgendein Hinweis. Wer vermisst dich? Du bist doch Sohn. Bruder. Ehemann. In der Hosentasche findet er ein paar Dollarnoten. Einen Pass. Er hält ihn dicht vor das Handy. Syrer. Ein syrischer Pass. Ein syrischer Pass ist Gold wert. Abschiebestopp. Asyl. Zukunft. Eine Zukunft mit Zohra in Frankreich. (Ebd.: 225)
Die divergierenden ethischen Standards im Hinblick auf Geflüchtete unterschiedlicher Weltregionen spiegelt sich in der Hoffnung Karims wider, als syrischer Christ größere Chancen auf Asyl in Europa zu erhalten. Die Annahme, dass Karim als algerischer Muslim weniger Aussicht auf Integration in der EU hat, deckt sich mit den rassistischen Vorannahmen, denen auch Oke ausgesetzt ist. So beobachtet Léon, dass »der Nigerianer […] mit einem Rumänen aneinandergeraten [ist]. Hat auch ganz schön vom Leder gezogen, was er alles vorhat, wenn er in Europa ist. Jedenfalls schreit der Rumäne los: ›Du hast ja keine Ahnung, du scheiß Nigger. Abgeschoben wirst du, und zwar postwendend!‹« (Ebd.: 88) Die Ausgrenzung, die Oke auf der Spirit of Europe erfährt, verweist auf die Möglichkeit, dass die Hoffnung auf eine Integration in Europa für Asyl- und Zufluchtsuchende zumeist unerfüllt bleibt. Die Frage, inwiefern dem Kreuzfahrtschiff im Roman eine Stellvertreterfunktion für Europa zukommt, ist Bestandteil der folgenden Überlegungen.
Die Spirit of Europe als Mikrokosmos Europas
Der Roman beschreibt das Kreuzfahrtschiff mit dem sprechenden Namen Spirit of Europe als einen »hermetisch abgeriegelte[n] Raum« (Omar 2020: 227), der mit Inklusions- und Exklusionsmechanismen arbeitet. Die auf dem havarierten Schlauchboot befindlichen Männer, deren Boot im Vergleich zu dem überdimensionalen Luxusliner wie eine bloße Nussschale wirkt, erhalten keinen Zugang zum Schiff – und auf einer symbolischen Ebene dadurch auch nicht zu Europa. Die Sichtachsen spiegeln dieses Gefälle ebenfalls wider: So wirkt das Mittelmeer von Deck aus »wie eine harmlose blaue Fläche«, aus der Perspektive des Schlauchboots ist es »kalt und gefräßig« (Kröger 2015: 127). Die Notlage der geflüchteten Männer erscheint im Kontrast zur Konsum-, Überfluss- und Wohlstandswelt des Kreuzfahrtschiffs umso existentieller. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Titel des Romans, Havarie, nicht nur auf der sachlichen Ebene mit Blick auf die tatsächliche Havarie des Fluchtboots verstehen, sondern verweist auf einer Metaebene insbesondere auf die Havarie europäischer Werte, »wodurch der Text« – der Argumentation Julian Osthues’ folgend – »Aspekte des aktuellen Flüchtlingsdiskurses aufgreift und ethische Fragestellungen, die auch die politische ›Krise Europas‹ und ihren Umgang mit globalen Konflikten der Gegenwart betreffen, problematisiert« (Osthues 2018: 428).
Wie Florian Krobb in seiner Analyse bemerkt, präsentiert Kröger mit ihrem Roman »ein zeitgenössisches Panorama entfesselter Globalität. […] Die Häufung lässt das Einzelschicksal untergehen in einer Agglomeration von Unrecht, Leid und Konflikt.« (Krobb 2017: 21) Angesichts dieses »kaleidoskophaft verdichteten Weltzustandes« wirft der Roman – als Kriminalroman – die Frage auf, »was und wo ist das eigentliche Verbrechen, um das es hier geht, und wem fällt die Schuld zu?« (Ebd.) Für Krobb vermeidet es der Text, eindeutige Antworten zu geben, »stattdessen wird die Diskussion […] auf das Thema der allseitigen Zeugenschaft und Betroffenheit verlagert.« (Ebd.: 22) Es seien insbesondere die Passagier*innen des Luxusliners, die als ›Zeug*innen‹ der Flüchtlingskatastrophe fungierten und gesondert in den Blick zu nehmen seien. Wie anhand der folgenden Ausführungen argumentiert wird, kommt den Urlaubsreisenden eine Funktion zu, die über die der Zeugenschaft hinausgeht. Vielmehr verweist deren Voyeurismus auf das ›Verbrechen des Zuschauens‹ und ›Sterbenlassens‹ (vgl. hierzu auch Kißling 2018). Die Passagier*innen der Spirit of Europe fungieren als Stellvertreter*innen Europas. So rangeln sich die Tourist*innen schaulustig um die besten Plätze, um eine freie Sicht auf das havarierte Fluchtboot zu erhalten, als dieses zum ersten Mal vom Deck aus gesichtet wird. »Wie eine Herde drängen sie nach vorn, während die erste Reihe sich sattgesehen hat und den Rückzug antritt. Die Spanne ist kurz: Vielleicht dreißig Sekunden starren sie durchschnittlich auf das Schlauchboot da draußen. Delfine halten gewöhnlich länger« (Kröger 2015: 54f.). Diese ›Herde‹ lässt sich, nachdem ihre Sensationsgier befriedigt ist, vom Kapitän problemlos wieder mit einer Runde Bingo von der Reling weglocken, was Nike als »gute[n] Schachzug« wertet, denn: »Gier siegt über Neugier.« (Ebd.: 56) Als selbsternannter Troubleshooter sieht er in der Situation eine willkommene Gelegenheit, sein fanatisches Kontrollbedürfnis auszuleben und den Urlaubsreisenden das Gefühl von Ordnung und Sicherheit zu vermitteln. Als ihn eine Passagierin fragt: »[N]ehmen wir diese Ne– diese Afrikaner an Bord?«, und sich beunruhigt zeigt, denn: »Wissen Sie, Officer, die könnten ja bewaffnet sein. Stellen Sie sich vor, wenn die Schwerter dabeihätten …«, entgegnet er ihr: »Keine Sorge, Ma’am […]. Ihnen wird nichts passieren.« (Ebd.: 55) An dieser Stelle nimmt die Frau auf abstruse Weise nicht die Flüchtenden als Notsuchende wahr, sondern sich selbst. Zugleich wird ersichtlich, inwiefern die Männer von der Frau nicht als Individuen, sondern als abstrakte Masse ›kulturfremder‹ Afrikaner kategorisiert werden. In diesem Zuge zeigt sich, warum eine kollektive Identität an Deck durch die Herstellung einer negativ konnotierten Andersartigkeit generiert wird. Diese xenophobe Wahrnehmung reiht sich ein in weitere Versatzstücke an Deck. So »quengelt eine Britin: ›Warum können wir nicht weiterfahren? Wer will die schon hierhaben? Sollen doch ihre eigenen Leute kommen und sie rausfischen.‹« (Ebd.: 47) Dieser Kommentar kann als exemplarisch für die Bemerkungen der anderen Urlaubsreisenden betrachtet werden:
»Warum müssen wir hier warten, bis jemand den Müll da abholt?«
»Selbst schuld.«
»Lass sie doch verrecken.«
»Ein paar mehr oder weniger.«
[…]
»Sollte man die nicht gleich zurückschicken?«
[…]
»Mama, was machen die Leute da in dem Boot?« – »Die baden, Kind. Siehst du doch.« (Ebd.: 127)
Die Spirit of Europe ist ein Ort, auf dem »der pure Klassenkampf [herrscht].« (Ebd.: 194) Das Schiff offenbart sich dabei als Mikrokosmos, der in seinem Inneren weitere gesellschaftlich-hierarchische Räume birgt: von den unsichtbaren, illegalen Hilfsarbeiter*innen in der Wäscherei bis zu den sichtbaren, Cocktails trinkenden Passagier*innen auf dem Oberdeck, die »immer schön separiert vom gemeinen Volk« (ebd.: 42) ihren Wohlstand zelebrieren. Die Reaktionen der Urlaubsreisenden entlarven ein Fortbestehen kolonialer und rassistischer Einstellungen, indem die Geflüchteten jeglicher Menschlichkeit und Individualität beraubt werden. In diesem Kontext stellen sich die Fragen, in welchem Verhältnis der Mikrokosmos der Spirit of Europe zum Makrokosmos ›Europa‹ steht und welches europäische Selbstverständnis sich angesichts der sogenannten Flüchtlingskrise erkennen lässt? Wie Elena Giovannini feststellt, geht es diesbezüglich insbesondere
um das Festhalten am erhabenen Selbstbild […]. Dieses Schiff stellt einen Mikrokosmos dar, in dem das Verhalten und die Gedanken einiger Fahrgäste und Mitarbeiter die Geldgier, die Ausbeutung, den Klassenkampf, den Zynismus, den Egoismus, die Kontaktarmut, die Oberflächlichkeit und die Gleichgültigkeit bloßstellen, die den Makrokosmos ›Europa‹ charakterisieren. (Giovannini 2019: 56)
So zeigt sich – auch für Manar Omar –, dass der Kontrast, der durch die Begegnung des Kreuzfahrtschiffs mit dem Fluchtboot auf dem Mittelmeer entsteht, zwischen der Grenze der Privilegierten und Nichtprivilegierten, »zwischen der Suche nach Hilfe und ihrer Verweigerung […] bildhaft veranschaulicht« (Omar 2020: 219) wird.
Fazit
In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass die erzählten Fluchtperspektiven, -erfahrungen und -verläufe in Havarie den europäischen Idealen wie Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sowie dem europäischen Leitbild einer willkommenen Diversität diametral gegenüberstehen. Geeinte und gelebte Vielfalt bezieht sich in diesem Leitkonzept nicht auf die Menschen des Globalen Südens. Insbesondere Flüchtende aus dieser Weltregion werden im Roman als ›Kostenproblem‹ und Bedrohung der eigenen, europäischen Privilegien wahrgenommen. Gleichzeitig lässt sich erkennen, wie durch europäische Exklusionsbemühungen Grenzen markiert und koloniale Praktiken reaktiviert werden, die erneut mit dem eigentlichen Selbstverständnis Europas als einem Kontinent der Freiheit und Menschlichkeit in Kollision geraten. In diesem Kontext fungiert das Mittelmeer für die Flüchtenden als ›Festung Europa‹, die sich durch Abschottung und Besitzstandssicherung auszeichnet. Im Roman treffen vor diesem Hintergrund zwei Welten aufeinander, die als Extreme möglicher Existenz konstruiert sind und lebensbedrohliche Armut und Verzweiflung von überdimensionalem Wohlstand und Sicherheit abgrenzen. Das Kreuzfahrtschiff Spirit of Europe symbolisiert dabei den Mikrokosmos Europas und mit ihm signifikante Privilegien der europäischen Welt, die auf historischem und gegenwärtigem ökonomischen Kolonialismus beruhen. Ein Urlaub auf einem Luxusliner ist zudem gekennzeichnet durch eine egozentrische Bedürfnisbefriedigung, die durch massiven Überfluss auf Kosten der Umwelt stattfindet. Auch dies kann – hinsichtlich der Klimakatastrophe – zu Fluchtbewegungen aus den davon stärker betroffenen Ländern des Globalen Südens führen. Die europäischen Werte werden durch die Entmenschlichung und xenophobe Ablehnung der Geflüchteten im Roman auf die Probe gestellt: Die Verhältnisse an Bord des Kreuzfahrtschiffes, die stattfindenden Menschenrechtsverletzungen sowie die Wahrnehmungen der Urlaubsreisenden hinsichtlich der Hilfesuchenden torpedieren diese Wert- und Normvorstellungen und verdeutlichen, inwiefern eine kollektive Identität über die Herstellung von negativ besetzter Alterität geschaffen wird. Merle Kröger entwirft in ihrem Roman kein bloß fiktives Möglichkeitsszenario, sondern eine kondensierte Gegenwartsanalyse, die auf realen Begebenheiten basiert und Pars pro Toto für »das reale Grauen dieser Welt« (Wörtche 2015) steht.
Anmerkungen
1 So sind etwa geringere Aufnahmechancen in die EU und Abschiebeschnellverfahren an den Außengrenzen vorgesehen sowie die Unterbringung in Lagern unter haftähnlichen Bedingungen (vgl. [tei] u.a. 2024). Kritiker*innen halten diese Reform für menschenrechtlich problematisch und betonen die weitere Abkehr von europäisch-humanitären Prinzipien. Des Weiteren verweisen sie auf die Relevanz eines zunehmend erstarkenden Rechtspopulismus in Europa, welcher zu einer Reaktion der Angst führe, aus der eine verstärkte Asylpolitik resultiere (vgl. Reiche 2024).
2 Als alternative Bezeichnungen bieten sich daher die Begriffe ›Geflüchtete‹ oder ›Zufluchtsuchende‹ an.
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