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Zeitschrift für interkulturelle Germanistik – 15. Jahrgang, 2024: »Kein Platz für Helden«?. Intersektionale Selbst- und Fremdreflexionen im Coming-of-Age-Musical Drachenherz von Wolfgang Böhmer und Peter Lund (Susanne Schul)

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik – 15. Jahrgang, 2024

»Kein Platz für Helden«?. Intersektionale Selbst- und Fremdreflexionen im Coming-of-Age-Musical Drachenherz von Wolfgang Böhmer und Peter Lund (Susanne Schul)

»Kein Platz für Helden«?

Intersektionale Selbst- und Fremdreflexionen im Coming-of-Age-Musical Drachenherz von Wolfgang Böhmer und Peter Lund

Susanne Schul

Auf jeden Fall braucht unsere Zeit eine neue Form von Helden. Den alten Helden ist man ja gerne sehr kopflos gefolgt – und damit haben wir ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht. Die neuen Helden sind vielleicht die, die dazu auffordern, den Kopf auch mal einzuschalten. Und von denen könnten wir gut ein paar mehr gebrauchen.

(Lund 2019b)

Abstract

The Nibelungenlied is one of the most famous tales of the Middle Ages. Its significance for European heroic epics is also apparent in many adaptations that keep the subject alive. This article aims to show this enduring fascination by looking at the example of the coming of age musical Drachenherz. From an intersectional perspective, it examines the challenges of self-discovery, identity, and emancipation faced by the characters, now presented as adolescents.

Title

»Kein Platz für Helden«? Intersectional reflections on self and other in the coming of age musical Drachenherz by Wolfgang Böhmer and Peter Lund

Keywords

Nibelungenlied; coming-of-age-musical; intersectionality; self-discovery; identity

Wie die Neuerzählung ›alter Helden‹ auf die Bühne von heute gebracht werden kann, dieser Herausforderung stellen sich Peter Lund und Wolfgang Böhmer in ihrem Coming-of-Age-Musical Drachenherz – Kein Platz für Helden aus dem Jahr 2019.1 Gemeinsam mit neun Adsolvent:innen der Abschlussklasse des Studiengangs Musical und Show der Universität der Künste Berlin greifen die beiden künstlerischen Leiter einzelne nibelungische Erzählmotive gezielt heraus und versetzen sie in die Jugendkultur der Gegenwart.2 Dabei werden bekannte Erzählelemente mit völlig neuartigen Interpretationen kombiniert, indem die Darsteller:innen ihre eigenen Lesarten der Heldengeschichte einbringen.3 In einem produktiven Prozess des Aneignens und Umdeutens wird die Heldenfigur dabei um eine interkulturelle Mehrfachadressierung erweitert (vgl. Schul 2022: 200f.). Im breiten Spektrum der modernen Nibelungen-Rezeption stellt Böhmers und Lunds Musical recht lose Verknüpfungen zum mittelhochdeutschen Nibelungenlied her und greift dabei gleichzeitig auf Elemente der nordisch-skandinavischen Stofftradition zurück (vgl. Sieburg 2020: 335). Dieser flexible Einbezug der vielstimmigen Stofftraditionen eröffnet einen Gestaltungsspielraum, in dem das Musical inhaltlich neue Akzente setzt und dabei die gesellschaftlichen Wahrnehmungsmuster des vermeintlich ›Fremden‹ ins Zentrum rückt (vgl. Klinger 2014: 260f.; Lienert 2018: 48-51). Reflektiert wird insbesondere die Rolle, die die mittelalterliche Heldenfigur für das Verständnis aktueller Phänomene wie Interkulturalität und Diversität spielen kann. Es wird der Kontakt und die Begegnung von Jugendlichen inszeniert, die keine Kulturzugehörigkeit teilen. Die damit einhergehende Einteilung in ein ›Wir‹ und ein ›Nicht-Wir‹ stellt eine zentrale Unterscheidungspraxis in Form einer binären Opposition dar. Die Rezeption des Musicals erlaubt Heranwachsenden eine Art fiktionalisiertes ›Probehandeln‹, das als Reflexionsanlass dienen und zum Aufbau interkultureller Kompetenz beitragen kann. Denn die Aufführung bietet selbst schon eine Fremdheitserfahrung im Nachvollzug der Figurenperspektiven an, die dazu auffordert, kulturbezogene Stereotype kritisch zu hinterfragen. Dabei besitzt die Siegfried-Figur, auf die im Laufe der Jahrhunderte bereits unterschiedlichste Vorstellungen projizieren worden sind, eine erstaunliche Aktualität. Denn sie bezieht ein reflexives Verständnis für sozial konstruierte Differenzzuschreibungen wie Gender, sozioökonomischen Hintergrund, Bildung und Migrationserfahrung ein. Die Adaption beleuchtet die unterschiedlichen Sichtweisen der Jugendlichen und setzt sich mit folgenden Fragen auseinander: Kann man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen oder ist allein das Recht des Stärkeren ausschlaggebend, und darf man im Namen der Liebe alles opfern? Im Folgenden untersuche ich die machtreflexiven Erzählweisen von Drachenherz und die wechselseitige Verwobenheit mehrerer sozialer Differenzlinien aus einer intersektionalen Perspektive.

Intersektionalität als sensitizing concept

Als besonders geeignet, um ein derartiges Ineinandergreifen unterschiedlicher Erzählebenen und Konstruktionskategorien des Held-Werdens zu untersuchen, erweist sich der Ansatz der Intersektionalität (vgl. Schul 2023: 255-259). Als traveling theory ist die Forschungsrichtung, deren Genealogien vor allem im amerikanischen black feminism und in der critical race theory in den frühen 1980er Jahren liegen, inzwischen zum festen Bestandteil akademischer Diskurse der interdisziplinären Geschlechterforschung in Europa geworden. Außerdem hat sie zu fruchtbaren Debatten in der Erforschung sozialer Ungleichheit sowie in der Antirassismus- und Migrationsforschung geführt (vgl. Walgenbach 2012: 5-9 u. 11-16). Das Konzept eröffnet disziplinenübergreifende Anschlussstellen, und dieser Austausch trägt dazu bei, eine Sensibilität für die kommunikative Konstruktion von Differenzzuschreibungen zu fördern. Gleichzeitig wird das Konzept durch sein ›Hin-und-her-Reisen‹ zwischen Theorie- und Praxisbezügen aber auch immer weiter ausdifferenziert und neuartig ausgerichtet. Die Prämisse, dass gesellschaftliche Strukturen ebenso wie Identitätszuschreibungen als grundsätzlich von mehreren Dimensionen sozialer Differenz geprägt verstanden werden, verbindet die theoretischen Zugänge zur Intersektionalität als traveling theory (vgl. Degele/Winker 2009: 20-33). Auf diese Weise können multiple Formen von Exklusions- und Inklusionsmechanismen in den Blick genommen werden. Diese sind als soziale Konstruktionen nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern es gilt, sie in ihren Überschneidungen und Wechselwirkungen zu reflektieren (vgl. Walgenbach 2017: 55).

Den Begriff intersection hat die US-amerikanische Rechtswissenschaftlerin Kimberlé Crenshaw durch das Bild der Straßenkreuzung in die Debatte eingebracht. Das Bild illustriert, dass verschiedene Ungleichheitslagen auf der Kreuzung aus jeder Richtung verursacht werden können, manchmal sogar aus allen Richtungen gleichzeitig (vgl. Crenshaw 2010: 38f.). Was das räumliche Modell einzufangen versucht, ist also eine mehrdimensionale Erfahrung von Differenz, die jedoch nicht als Addition einzelner Unterdrückungsformen verstanden werden soll, sondern in ihrer jeweiligen Spezifik untersucht werden muss (vgl. Degele/Winker 2009: 10). Damit geht ein grundlegend relationales Denken und Reflektieren einher. Es gilt für jeden Beispielfall aufs Neue zu untersuchen, inwieweit identitätsprägende Kategorien in sich bereits heterogen angelegt sind, wie sie sich wechselseitig verstärken, abschwächen, relativieren oder auch verändern können (vgl. Walgenbach 2012: 18f.).

Bei der literaturwissenschaftlichen Relektüre verschieben sich allerdings die analytischen Koordinaten: nämlich hin zu historisch bedingten und medial vermittelten Konstellationen der Differenzierung (vgl. Kraß 2014; Schul 2014: 50-60). Im Sinne eines sensitizing concept (Knapp 2013: 242) besitzt das Analysekonzept somit das Potenzial, überkommene Aufteilungen von binarisierten Gegensätzen, Homogenisierungen und Universalismen zu verwerfen, Normalitätszuschreibungen infrage zu stellen und mögliche Ausblendungen kenntlich zu machen (vgl. Benner 2016: 29-31; Mikota 2023: 431f.). Dem Doing-difference-Ansatz von Candace West und Sarah Fenstermaker folgend, gehe ich davon aus, dass diese Markierungen von ›Fremdem‹ oder ›Vertrautem‹, von Nähe und Distanz erst durch die sozialen Praktiken der jeweiligen Akteur:innen bzw. hier der jugendlichen Figuren des Musicals entstehen und dass diese wiederum von ihren sozialen Ungleichheitslagen abhängig sind (vgl. West/Fenstermaker 2002: 55f.). Damit sind Figurenkonzeption, Motivation und Handlungslogik zwar in fiktionale Kontexte eingebettet, sie folgen aber heutigen Vorstellungen einer psychologischen Nachvollziehbarkeit und bieten sich für einen reflexiven, interkulturellen und diversitätsbewussten Zugang an (vgl. Becker 2020: 118-129). Auf diese Weise kann eine metalevel awareness evoziert werden, also ein Bewusstsein für fiktional konstruierte und kommunikativ realisierte Machtstrukturen. Denn das Bild der Straßenkreuzung lädt dazu ein, innerfigurale Ambivalenzen ebenso stark zu machen wie ein Bewusstsein für die Ebenen und die Darstellungsstrategien zu schaffen, die soziale Positionierungen der Jugendlichen im Musical prägen. Der intersektionale Zugang bietet somit eine kritisch-dekonstruktive Denkpraxis, die auf ein beständiges Hinterfragen von Ungleichheitslagen zielt und dabei auch berücksichtigt, dass diese durch literarische Texte und mediale Inszenierungen stets mitkonstruiert und nicht bloß abgebildet werden (vgl. Schul 2022: 209-220). Inwieweit das Musical in einer Reproduktion von Ungleichhheitslogiken verharrt oder jene Diskurse mithilfe dramatischer Mittel auch dekonstruiert, wird im Folgenden anhand einiger exemplarischer Analysen skizziert. Auf diese Weise werden die Interdependenzen zwischen Alters-, Klassen-, Herkunfts- und Geschlechterverhältnissen sowie die Bedeutung rassistisch-ethnisierender Formen von Exklusion und Inklusion für die Konstitution des jungen Helden neuartig in den Blick genommen.

1. Szene – musikalisches Vorspiel: »DAS RITUAL« (Lund 2019a: 1)

Die Siegfried-Figur weckt in ihrer Mehrdeutigkeit, die zwischen Drachentöter und Eroberer, aber auch zwischen Hoffnungsträger, innig Liebendem und treuem Verbündeten changiert, die Sehnsucht nach dem Außerordentlichen (vgl. Klinger 2014: 296f.; Lienert 2018: 43f.). Der Tod des Helden steht im Nibelungenlied allerdings im Kontrast zu seinem glanzvollen Ruf, da Verrat im Spiel ist. Wie ein wildes Tier auf der Jagd erlegt, wird er hinterrücks von Hagen mit einem Speer ermordet. In der längsten direkten Rede, die Siegfried im Epos zugeschrieben wird, reflektiert er schließlich den Skandal seiner Ermordung, bewertet die Situation und bezieht sogar die Zukunft ein (vgl. NL B 986f., 989, 991-994). Damit stehen seine letzten Worte im Kontrast zu seinen vorausgehenden, eher handlungsmotivierenden Redeanteilen und sie markieren einen Umschlagspunkt. Die höfische Ordnung, in der das Aggressionspotenzial bisher beherrschbar erschien, wird nun zur heroischen Zerstörung eskalieren (vgl. Müller 1998: 448-450). Peter Lund greift diesen Umschlagpunkt heraus und erinnert gleich zu Beginn des Musicals an das tragische Ende des Helden, diesmal jedoch mit einer interkulturellen Akzentuierung. Damit setzt er bei seinem Publikum aber auch eine gewisse Vertrautheit mit der Nibelungensage voraus. Das musikalische Vorspiel beginnt mit einem afrikanischen Jagdritual, das die Vorausdeutung auf die Mordintrige als spannungssteigerndes Mittel nutzt.4 Von Trommelrhythmen begleitet setzt ein Sänger-Ich seine Autorität ein, um junge Männer auf eine Initiationsprüfung einzuschwören. Damit wird die Szene – wie die vorliegende Textfassung ausweist – aus der Sicht des jungen afrikanischen Flüchtlings Woda initiiert:

WODA:

Gebt mir die Stärke des Feindes

Ihr Götter

Gebt mir die Kraft des Gejagten

Geachteter Feind

Ich tauche die Hand

In dein Blut

Ich tauche den Geist

In dein Blut

Ich tauche mein Herz

In dein Blut

Gemeinsam herrschen

Wir über die Welt.

MÄNNER:

Schjapu

Schjapu

Blut

Blut

Blut – Schjapu Schjapu

Schjapu Schjapu (Lund 2019a: 1)

Auf der Bühne erklingt Wodas Sängerstimme allerdings aus dem Off. Auf entsprechende Gestik und Mimik wird bewusst verzichtet, das Publikum hört lediglich den Gesang und folgt der Bühnenhandlung, die er entwirft. In einer Totalen stellen sich, wie die Aufzeichnung der Generalprobe im Opernhaus Chemnitz zeigt, sieben junge Männer Rücken an Rücken auf. Sie bleiben allerdings vom Publikum abgewandt und damit auf Distanz. Die Sängerstimme imaginiert eine Jagdszene und macht dabei den eigenen Herrschaftsanspruch geltend. Gleichzeitig betont sie aber das Gemeinsame und nicht das Trennende, während die Jugendlichen im Chor zustimmen. Auf diese Weise problematisiert das Stück den durch hegemoniale Diskurse reproduzierten Blick auf das migrantisch markierte ›Fremde‹. Von Beginn an stehen die Fragen im Fokus, wer in der Gemeinschaft als handelndes Subjekt agieren kann, wer zu welcher Thematik sprechen kann und wer daraus resultierend auch Gehör erhält. Damit wird eine interkulturelle Perspektive im Dazwischen geschaffen, die die gegenseitige Durchdringung von verbindenden und trennenden Elementen umfasst (vgl. Rösch 2017: 56f.).

Inmitten eines düsteren Waldes, der als blaugetönte Videoprojektion im Hintergrund erscheint, soll die rituelle Erneuerung in der Gemeinschaft erfolgen.5 Die Kraftübertragung durch Blut, die der Sänger evoziert, erinnert an Hagens Erzählung vom Drachenkampf im Epos. Hier übernimmt der spätere Mörder die Funktion, den Wormser Herrschern den Helden in direkter mündlicher Rede vorzustellen: Siegfried, der vreisliche man (»furchterrende Mann«, NL B 95,4),6 habe einen lintrachen (»Drachen«, NL B 98,2) getötet, in dessen Blut gebadet und dadurch eine Hornhaut erlangt, die keine Waffe zu verletzen vermag. Hagen warnt vor der Gefahr, die von dem ›Fremden‹ ausgehe, da dieser Held seinen Dominanzanspruch besonders durch seine außerordentliche Stärke legitimiert habe (vgl. Müller 1998: 125). Von einer verwundbaren Stelle auf Siegfrieds Rücken, auf die beim Bad im Blut ein Lindenblatt fiel, ist hier allerdings noch keine Rede.7 Dagegen stellt das Musical genau diese Verwundbarkeit zur Schau und setzt die entblößten Rücken der jungen Männer in halbnahen Einstellungen in Szene. Zwischen den Schulterblättern tragen alle – bis auf einen – eine langgezogene Narbe. Begleitet durch rhythmische Vokalisationen wird ein Bewusstsein für ein gemeinschaftsstiftendes Erlebnis erzeugt. Es gilt nicht nur eine Jagdbeute zu erlegen, sondern auch Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen und den eigenen Platz in der Gemeinschaft zu finden.

Im Kontrast dazu steht aber das nibelungische Referenzwissen zum Jagdbetrug, wo sich Siegfried selbst als der Gejagte erweist. So ist es auch hier der nackte Rücken des Helden, der schließlich mit dem Querschnitt eines Messers tief verletzt wird. Doch hier ist nicht Hagen der Täter, sondern es ist die einzige Frau in der Gruppe – Brünhild, die hier Anna bzw. Brüning genannt wird. Während Brünhild im Epos an drei Stellen als Initiatorin des Mordpaktes benannt wird, aber Hagen die Tat plant und ausführt, greift Anna im Musical selbst zu der Waffe, die den Helden im Vorspiel niederstreckt.8 Damit wird der Mord ausdrücklich auch als Rache der jungen Frau gestaltet, die sich gegen den ihr angetanen Betrug und die Zurückweisung wehrt. Siegfried sinkt blutend und mit einem lauten Aufschrei in die Knie, in den alle jungen Männer einstimmen. Die Szene konzentriert sich dabei nicht auf einen heldenhaften Todeskampf oder bedeutungsvolle letzte Worte Siegfrieds, sondern auf die Demontage der Gemeinschaft, wodurch eine pathetische Tragik vermieden wird.

Eine Abblende markiert den Perspektivwechsel auf der Erzählebene. Der deutsche Teenager Tropi tritt ins Spotlight und bewertet das Ritual als intradiegetische Erzählinstanz in einer Rückschau:

TROPI:

Wenn ein Junge in Afrika fünfzehn wird, muss er mit den Männern seines Stammes drei Wochen Jagen gehen. Und er muss ein Tier töten, einen Elefanten oder ein Nashorn. Was echt nicht einfach ist. Von denen gibt’s ja nicht mehr viele. Und eine Pistole oder ein Gewehr darf er nicht benutzen, das muss mit einem Speer sein, oder nur mit einem Messer. Und wenn er das geschafft hat, ist er ein Mann.

Ich hab keine Ahnung, wie man bei uns ein Mann wird. Bei uns lief das nicht so super. Ehrlich gesagt lief es sogar ziemlich scheiße. Aber Deutschhagen ist ja auch nicht Afrika. (Lund 2019a: 1)

Das Heranwachsen eines Jungen in Afrika wird nun als das ›Fremde‹, das ›Nicht-Eigene‹ entworfen. Damit fokussiert das Erzählen jetzt die Isolation des Außerordentlichen – eine Zuordnung, die sich auf interkulturelle wie heroische Sichtweisen beziehen lässt. In der Fremdreflexion überschreibt Tropi das Auseinanderklaffen der Lebenswelten anhand von Exotisierungs- und Abenteuermotiven (vgl. Becker 2020: 120f.). Seine Selbstreflexion der Männlichkeitsrollen erfolgt dagegen vor einer Negativfolie, die sich erneut auf das drastische Ende des Helden bezieht. Sinngebende Vorausdeutungen durchdringen somit – ähnlich wie im Epos – sowohl die Ebene des dramatischen Geschehens als auch die Erzählebene. Die Verflechtung der Zeitebenen veranschaulicht, wie die Gegenwart im Erzählen die Vergangenheit neu hervorbringt. In der Rückschau wird zwar ein Nachdenken über alternative Handlungsmöglichkeiten angeboten, aber abgewiesen. Gleichzeitig macht das Erzählverfahren aber auch Multiperspektivität sichtbar, was zur Reflexion über unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten ein und desselben Geschehens anregen kann.

2. Szene: »FREITAG UM EINS« (Lund 2019a: 2)

Im Folgenden setzt die Inszenierung bei der dritten Aventiure des Nibelungenlieds an und nutzt Siegfrieds Ankunft als ›Fremder‹ am Wormser Hof als aggressionsgeladenen Auftakt, in dem Interkulturalität zum Auslöser des Konflikts erklärt wird. Im Epos ist Siegfrieds Grund zur Reise nach Worms die Absicht, Kriemhild zur Frau zu gewinnen. Aber statt den Königen ehrbar zu begegnen, ist sein Verhalten nur von Gedanken geprägt, seinen Status als Heros zu festigen. Siegfried fordert die Könige in einer Reizrede heraus und es entsteht eine unaufhaltsame Eigendynamik, die in der Heldenepik in der Regel zum Kampf führt (vgl. Müller 1998: 44). Diese Gegnerschaft nutzt Lund als Ausgangspunkt für seine Neuerzählung. Der jugendliche Held – hier Fred genannt – trifft in der fiktiven mitteldeutschen Kleinstadt Deutschhagen auf eine Gruppe aus 17-Jährigen, denen ein Hinterhof als Treffpunkt dient. Gunther – hier Günni –, dessen Vater Polizeichef ist, bestimmt als Anführer der Clique, wer dazugehören darf und wer nicht. Er überragt, auf der Tonne mit hochgereckter Faust stehend, alle anderen (vgl. Abb. 1). Hagen, links im Hintergrund, ist auch hier sein Berater und die rechte Hand des Anführers. Er sorgt dafür, dass Baktus und Tropi, links vorne, Günnis Anweisungen folgen. Während diese beiden Figuren mit den Königsbrüdern nichts mehr gemeinsam haben, nimmt Anna/Brüning, im androgynen Look rechts vorne, schon deutlichere Anleihen bei der kämpferischen Brünhild-Figur.

Abbildung 1: Günnis Clique zeigt Einigkeit und ist bereit zum Kampf (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Das Leben in dieser Kleinstadt »am Ende der Welt« (Lund 2019a: 2) bietet den Jugendlichen jedoch keine Zukunftsperspektive. Das reduzierte Bühnenbild von Ulrike Reinhard spiegelt mit den wenigen Requisiten – eine graue Fassade, eine alte Blechtonne und ein verdorrter Baum – diese Misere wider (vgl. Baldauf 2019: 26). Der Alltag ist von Arbeits- und Orientierungslosigkeit geprägt, sodass sich die Clique abschottet und die Zeit ab »Freitag um eins« (Lund 2019a: 2) in Groll und Langeweile verbummelt. Ihre Enttäuschungsgefühle feuern die Jugendlichen in einem Stakkato lauthals heraus:

ALLE:

Freitag um eins

Am Ende der Welt

Am Ende von gar nix

Ohne Netz

Ohne Geld

Freitag um eins

Macht jeder seins

Bloß was machen wir

Ohne Bier?

Noch sechsundsechzig Stunden bis zum nächsten Montagmorgen

Zwei Tage kann ich mich jetzt über meine Zukunft sorgen

Zwei Tage lang die Welt und meine blöden Alten hassen

Ich kanns aber auch lassen …[.] (Ebd.: 2)

Die Clique sieht sich als Opfer der Umstände, von den Eltern missverstanden und von der Gesellschaft vergessen. Verbunden in dem Gefühl des Abgehängtseins betäuben sie sich mit Alkohol und entwickeln Überlegenheitsfantasien, die oft Hand in Hand mit kriminellen Handlungen gehen. Dabei verleihen sie ihrem Frust durch Drohung, Zwang und Gewalttaten drastischen Ausdruck:

GÜNNI:

Wut.

Blick.

Nur ein Tritt.

ALLE:

Check.

Check.

Check. […]

ALLE:

Wer ist hier das Opfer?

Wer ist hier der Täter?

Heulen kannst du später!!

Freitag um vier am Ende der Welt

Wer hier nicht zurückschlägt

Wird niemals ein Held

Freitag um vier

Ist Leichenschau hier

Und halt das mal aus ohne Bier. (ebd.: 3)

Das Heldenhafte bleibt weiterhin eine Bezugsgröße. Der hier zu beobachtende Umgang mit der Erzähltradition beruht aber auf der Reflexion einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, in der Fremdenfeindlichkeit, Gewalt- und Ausgrenzungsfantasien bestimmende Faktoren sind.9 Diese stellen Böhmer und Lund durch Reproduktion zwar drastisch zur Schau, sie suchen sie aber durch Dekonstruktion oder Ironisierung auch immer wieder zu entmythisieren (vgl. Rösch 2017: 88f.). Bei dieser Absage an Political Correctness gilt es, den Eigenwert heroischer Gewaltdarstellung zu hinterfragen und die emotionalen Reaktionen, die beim Publikum ausgelöst werden können, in Bezug zu den jeweiligen zeit- und medienbezogenen Konventionen zu setzen (vgl. Schul 2023: 261f.). In der Videobearbeitung der Generalprobe verschiebt sich dabei die transitorische Konzeption der Aufführung hin zu den Vermittlungsformen des Mediums Film. Denn nun ersetzen und lenken verschiedene Kameraeinstellungen und Schnitttechniken den weiten Blick der Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Bühnenraum. Gleichzeitig bilden die musiktheatralen Elemente von Gesang und Tanz ebenso wie Innensichten, Dialogizität und das figurale Interaktionsgefüge im dramatischen Geschehen weiterhin den intermedialen Bezugsrahmen (vgl. Schul 2022: 208f.).

3. Szene: »WAS IN DIE FRESSE« (Lund 2019a: 7)

Die Ankunft des ›Fremden‹ wird nun in drei Variationen durchgespielt, was das Konfliktpotenzial steigert. Nicht nur Fred kommt als Neuzugang in die Clique, um Kriemhilds bzw. hier Jennys Herz für sich zu gewinnen, sondern auch zwei Jugendliche mit Migrationshintergrund versuchen, die junge Frau zu erobern. Zuerst wird Nasir, ein Mitschüler und gebürtiger Tunesier, bedrängt und um sein Geld gebracht. Als dann der junge Flüchtling Woda auftaucht, verschärfen sich Aversion und Aggression, wobei seine Deutschkenntnisse von den Jugendlichen zum Anlass genommen werden, um eine Konfrontation zu provozieren:

WODA:

Ist hier Bus?

TROPI:

Was?

Die Clique provoziert WODA, bis dieser explodiert.

WODA:

IST HIER BUS?

TROPI:

Wie Busch? Busch gibt’s hier nicht. Da musste wieder nach Hause.

WODA:

Ich suchen Bus.

BAKTUS:

Was’n das für’n Deutsch, Mann. Kannst du keine Grammatik?

WODA:

Ich lerne. (Lund 2019a: 6)

Die Clique kreist Woda ein, bedrängt ihn, imitiert Affengeräusche und beschließt, ihm »was in die Fresse« (ebd.: 7) zu geben (vgl. Abb. 2). Weder auf der Ebene der Handlungsstruktur noch in der Figurengestaltung wird bis dahin ein ethisch-moralisches Korrektiv zu dieser Szene angeboten (vgl. Papadimitriou/Rosebrock 2014: 11f.). Sie zeigt aber, wie Vorurteile und Hass zu Gewalt führen können und welche Rolle die Dynamik der Gruppe bei der Eskalation dieser Gewalt spielt. Das junge Publikum wird mit dieser Darstellung konfrontiert und ist selbstständig gefordert, die Figurenperspektive einzunehmen und über eigene Einstellungen und Verhaltensweisen nachzudenken.

Abbildung 2: Günnis Clique umkreist, bedroht und provoziert Woda (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Für eine rassismus- und diversitätssensible Ausrichtung ist es wichtig, dabei die jeweilige Sprecherposition kritisch zu reflektieren. Denn in den Figurendialogen kommt neben Diffamierungen wie, Woda käme aus dem »Busch« (Lund 2019a: 6), auch mehrfach das N-Wort vor (vgl. ebd.: 5, 20, 29, 49). Der Einsatz spiegelt die im jugendlichen Kontext der erzählten Welt gewaltvollen Machtverhältnisse wider, führt Brutalität, Verwundung und Schmerz der Ausgrenzung drastisch vor und kann im dramatischen Geschehen zur moralischen Erschütterung beitragen (vgl. Rösch 2017: 164f.).

Als die Gewalt im unfairen Kampf zu eskalieren droht, hat Siegfried bzw. Fred seinen Auftritt, hier der Sohn des Flüchtlingsheimleiters. Zuerst ist der Held nur als Stimme aus dem Off präsent. Der aggressive Rocksound verstummt, als er Einspruch gegen die Attacke erhebt: »Hey! Lasst den in Frieden, der steht unter meinem Schutz« (Lund 2019a: 7). Noch vor dem Betreten der Bühne präsentiert sich der Held somit als Helferfigur. Mit seinem Auftritt wird er dann zum Konfliktlöser, der mit jazzigem Gesang den Streit zu deeskalieren versucht:

FRED:

Hallo Kollegen

Was muss ich da seh’n?

Zwei gegen einen

Ist so was denn schön?

Mich macht das so traurig

Menschen streiten zu seh’n

Wollt ihr, dass ich weine?

Geht ihr von alleine? Oder

BAKTUS:

Oder WAS?

FRED:

– Ich mach euch Beine…[.] (Lund 2019a: 7f.)

Aus der Distanz beschreibt Fred, ganz im Sinne einer gewaltfreien Kommunikation, zuerst seine Beobachtung der Situation, seine Gefühle, sein Bedürfnis und formuliert eine Bitte, die den unfairen Kampf befrieden soll. Freds Sprachgewandtheit lässt ihn überlegen erscheinen, er dominiert den Redeanteil und kontrolliert die Interaktion. Während Siegfrieds Verhalten im Nibelungenlied davon bestimmt ist, die Eskalation zu provozieren, bietet der Held hier einen gewaltfreien Lösungsweg an. Als sich der Konflikt aber nicht beilegen lässt, droht Fred nicht mehr, sondern geht direkt zum Angriff über. Damit legitimiert er seine eigene Gewalttat als eine Form der Verteidigung. Die Gewaltdarstellung selbst wird dann zum Gegenstand der Komik. In der Imitation einer Zeitlupe, in der die Schauspieler ihre Bewegungen und Gesten bewusst verlangsamen, werden filmische Erzählmodi zitiert, um die klare Übermacht des Helden zu markieren. Freds Dominanz spiegelt sich außerdem in der Kombination von fließender Kampf-Tanz-Choreografie und seinem gleichzeitig lockeren Gesangston. Er spielt die Gegner slapstickartig gegeneinander aus, wobei die Folgen seiner Schläge ausgeblendet bleiben. Als Fred und Woda den siegreichen Kampf mit einem Abklatschen beenden, ist klar, dass sie als Verbündete aus diesem Konflikt hervorgehen.

4. Szene: »REPRISE & DEUTSCHUNTERRICHT« (Lund 2019a: 14)

Abbildung 3: Fred und Woda singen gemeinsam das Lied, mit dem Woda im Deutschkurs die Sprache nähergebracht wurde (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Zuerst steht Fred als Helferfigur im Fokus, während Woda, der auf die Hilfe angewiesen ist, in den Hintergrund tritt. Er muss gerettet werden, ohne selbstständig agieren zu können. Gleichzeitig sucht Woda aber auch die an ihn als Flüchtling gestellten Erwartungen der Ankunftsgesellschaft zu erfüllen: Er lernt Deutsch und passt sich an, so gut es geht. Diese Schieflage beginnt sich erst auszugleichen, als Fred und Woda anfangen, jeweils fremde Wörter und Geschichten gegen eigene zu tauschen und sich einander anzunähern. Beide sitzen nebeneinander am Bühnenrand (vgl. Abb. 3) bzw. laut Regieanweisung »Vor dem Flüchtlingsheim. WODA und FRED auf Campingstühlen, FRED mit seiner Gitarre. WODA bringt ihm Akkorde bei« (ebd.). Im Gitarrenspiel übernimmt nun Woda die Position des Wissenden und unterrichtet Fred.

Als Woda das Volkslied Oh dees wär’ schee (vgl. ebd.) anstimmt, das er im Deutschunterricht gelernt hat, nehmen es beide zum Anlass, um über die Sprachvarietäten einen unverstellten Blick auf Ungewohntes und Gemeinsames zu richten (vgl. Rösch 2017: 86):

WODA:

Wenn ich nur Geld g’nug hätt’

Dann wüsst ich, was ich tät,

Dann wüsst ich was ich tät,

Heißa Juchee!

Ich tät ein Weiblein frei ’n

Schwarzhaarig müsst sie sein

So wie die Schulzngret

Ach, das wäre schee. […]

WODA:

Was ist ›Schulzngret‹?

FRED:

Was?

WODA:

›Schulzngret‹ – was heißt das?

FRED:

Das ist die Grete vom Schulzen. Die Tochter. Und ein Schulze ist … ich glaub, sowas wie ein Bürgermeister. Das ist sehr altes Deutsch, verstehst du?

WODA:

Ich verstehe nicht. Aber ich werde lernen.

FRED:

Und das haben sie euch echt gegeben als Deutschunterricht?

WODA:

Das ist deutsche Kultur. Ich mag sehr die deutsche Kultur. In Bamunda ich war auf einer deutschen Schule. Ein Jahr. Was ist ›Weiblein‹?

FRED:

Oh. grinst Das ist eine Frau.

WODA:

grinst ebenfalls

Ich verstehe das.

FRED:

Aber das sagt man heute nicht mehr.

WODA:

Ich verstehe nicht. Aber ich werde lernen.

FRED:

Das ist auch echt schwer zu verstehen.

WODA:

Mit Weiblein ist immer schwer zu verstehen. In jedem Land. Hast du gesagt mit ihr?

FRED:

Geredet. Nein, habe ich nicht. grinst Aber ich weiß, wie sie heißt…

FRED haut in die Gitarre.

FRED:

Jenny, oh Jenny

Jenny, ich seh dich

Jenny, oh dreh dich

Bloß einmal um. (Lund 2019a: 14-16)

Mit Wodas Nachfrage zu den »Weiblein« (ebd.: 14) wird der Fokus auf den noch ausstehenden Motivstrang der Liebe gelenkt. Fred bringt im Gesang seine Sehnsucht zum Ausdruck, Jenny endlich von Angesicht zu Angesicht sehen zu wollen, und Woda stimmt in diesen Wunschgedanken ein: »Die beiden entwickeln eine richtig funky Nummer« (ebd.: 16). Dabei ist der Blick auf Woda nicht defizitorientiert, sondern im Gegenteil selbstbewusst und originell. Der Songrefrain, mit dem bereits Hagen, Baktus und Tropi Jennys unwiderstehliche Anziehungskraft gepriesen haben (vgl. Lund 2019a: 11f.), greift Elemente von Minne- bzw. Werbelied auf (vgl. NL B 280, 281). Das Musical macht die individuellen Perspektiven der Jugendlichen bewusst und regt zum Perspektivwechsel an. Dabei werden traditionelle Geschlechterrollen und Stereotype bewusst dargestellt, aber auch kritisch hinterfragt.

5. Szene: »WAS FÜR EIN KRIEGER« (Lund 2019a: 18)

Freds Eingreifen in den Kampf bleibt nicht ohne Folgen, denn die Clique will sich rächen. In einer kollektiven Reizrede wird das ›Anderssein‹ als Entweder-oder-Sein markiert, während die Redewiedergabe im chorischen Modus erfolgt:

ALLE:

Wir warten. Tun nichts. Gucken nur. Warten.

Und der blonde Typ fragt: Is’ was?

Und der Boss guckt Hagen an und

Hagen weiß, dass er jetzt dran ist

Und sagt:

Verpisst euch. Ist kein Platz hier für solche wie den da.

Und dann Stille.

Und dann der Blonde:

Das ist so nicht korrekt.

Das ist so nicht korrekt, sagt der.

Ist wohl Platz hier. Viel zu viel Platz.

Strukturschwache Gegend, sagt der Blonde.

Nur die Doofen bleiben hier.

Und die Alten.

Gibt genug Platz für alle.

Für die Schwarzen

Für die Doofen

Für die Alten

Und Brüning sagt:

ANNA:

Will der uns verarschen?

FRED:

Friedliche Koexistenz,

ALLE:

Sagt der Blonde.

FRED:

Genug Platz für alle.

ALLE

Und Hagen sagt:

HAGEN:

Lass uns die jetzt endlich klatschen.

Warum klatschen wir die nicht endlich? (Ebd.: 16f.)

Wieder zeigt sich der Held als schlagfertig, wenn er die Sichtweise der Clique umzudrehen versteht. Allerdings bleibt er mit seiner Gegenrede Teil des chorischen Sprechens. Das wirkt fast destruktiv, zu einem Zeitpunkt, zu dem Herkunft wieder als Unterscheidungsmerkmal dient, um Grenzen neu zu festigen. Obwohl Peter Lund auf nibelungische Motive zurückgreift, hat er doch stets die Gegenwart im Blick, gegen deren Verwerfungen er – vor allem hinsichtlich des Erstarkens nationaler Bestrebungen – anschreibt. So tritt der Held mit den Statements »Friedliche Koexistenz« und »Genug Platz für alle« (ebd.: 16) dann wieder bewusst aus dem Kollektiv heraus. Doch der Konflikt schwelt weiter. Schließlich stellt sich Hagen in Günnis Auftrag dem Held im Zweikampf, aus dem Fred wiederum als Sieger hervorgeht (vgl. Abb. 4).

Abbildung 4: Hagen und Fred kämpfen, während die Clique und Woda ihre Favoriten anfeuern (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Fred ringt Hagen nieder, demonstriert erneut seine Überlegenheit und sichert sich damit seine neue Position in der Gruppe. Denn während des Kampfes zeichnet sich in Günnis Gedankenrede das ab, wovor bereits Hagen im Nibelungenlied warnt, nämlich dass von diesem Helden eine potenzielle Gefahr ausgeht, die eingedämmt werden muss:

GÜNNI:

Was für ein Held.

Was für ein Sieger

Helden sind selten

Zwischen dem Wichser

Und uns liegen Welten.

So einen willst du

Nicht wirklich zum Feind

So einen macht sich

– Wer klug ist zum Freund.

HAGEN befreit sich mit einem Schrei und stürzt sich wieder auf FRED.

GÜNNI:

HALT!! STOPP!

Hört auf. (zu HAGEN)

HÖR AUF, HAB ICH GESAGT!! (Ebd.: 18)

Günni beendet den Kampf und nimmt Fred zum Entsetzen der anderen in die Clique auf. Fred sieht seine Chance gekommen, Jenny endlich kennenzulernen, stimmt dem Angebot aber nur unter der Bedingung zu, dass auch Woda und Nasir Teil der Gruppe sein dürfen. Zwar ist jetzt »Platz für alle« (ebd.: 16) geschaffen, aber diese Veränderung gefällt Hagen keineswegs. Er wird sich für die Niederlage rächen, sodass die drohende Katastrophe permanent in Erinnerung gehalten wird.

5. Szene: »DER SCHLAFENDE DRACHE« (Lund 2019a: 21)

Im Werbungsgeschehen treten nun die weiblichen Figuren in den Fokus: Jenny als Objekt des Begehrens und Anna als Subjekt des Begehrens. Im Anschluss an den Kampf wird die Handlung mit Annas Fingerschnipsen stillgestellt. Die junge Kämpferin kontrolliert die Szene, steht allein im eisig-blauen Lichtkegel, während die jungen Männer ehrfürchtig vor ihr knien (vgl. Abb. 5).

Abbildung 5: Anna warnt die jungen Männer davor, den schlafenden Drachen zu wecken (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Dann berichtet sie, ähnlich wie in der Völsungasaga, von ihrer Erweckungsgeschichte, die hier auf den schlafenden Drachen umgedeutet wird. Wie die schlafende Walküre ist auch der Drache von einem Feuerkreis eingeschlossen und kann nur von dem geeigneten Helden erlöst, befreit und erobert werden (vgl. Schul 2023: 264f.):

ANNA/BRÜNING:

In meinem Schloss aus Eis gemacht

Von einem Meer aus Feuer bewacht

In einem Land das in Ewigkeit friert

Wo nichts dich berührt.

Dort in dem Schloss im weißen Saal

Kalt wie der Tod scharf wie ein Kristall

Da schläft ein Drachen, weck ihn nicht auf

Pack deine Waffen dreh um und lauf…

… Aus meinem Schloss

Aus Eis gemacht

Schwimm durch das Meer

Von Feuer bewacht.

Heim in dein Land

Noch in dieser Nacht

Bevor das Herz

Des Drachen erwacht. (Lund 2019a: 21)

Auch hier changiert die Brünhild-Figur zwischen Faszination und Schrecken. Sie gehört in eine andere Welt, wo nur ihre Regeln zählen und das Gesetz des Stärkeren gilt. Dem Verlierer im Kampf um ihre Hand entgeht nicht nur der Preis, sondern ihn erwartet der Tod, wie auch alle tapferen Helden, die ihn begleiten.10 Durch eine Videoprojektion erscheint Annas Präsenz ab der zweiten Strophe verdoppelt. In Großaufnahme und erstmals mit offenen Locken dominiert ihr Porträt den Hintergrund, während sie im Vordergrund die starke Frauenrolle ausspielt, um die jungen Männer nach Belieben neu anzuordnen. Im Zusammenspiel mit Videotechnik und Farbgebung wird dabei eine binnenfiktionale Differenz zwischen Handlungswirklichkeit und Allmachtsfantasie betont. Gleichzeitig erweist sich Annas Verlangen danach, aus ihrem Schlaf ›geweckt‹ zu werden, aber als Handlungsmotivator. Fred reizt sie und deshalb fordert sie ihn zum Kampf heraus. Doch der Held unterliegt absichtlich. Er wendet sich Jenny zu und lässt Günni bei Anna stattdessen den Vortritt.

Damit werden zwischen den Geschlechtern entgegenwirkende Ordnungen des Begehrens in Szene gesetzt: Die Liebe der jungen Frauen verwirklicht sich als eine Imagination von Gegenseitigkeit, während Günni und Fred stärker auf Eroberung und Aneignung abzielen. Anna erkennt die Täuschung und verlangt nach Aufrichtigkeit:

ANNA:

Warum hast du mich gewinnen lassen?

FRED:

Was?

ANNA:

Lüg mich nicht an.

FRED:

Du bist ganz schön verrückt.

ANNA:

Ich bin ein Drache.

FRED:

Klingt ja richtig gefährlich.

ANNA:

Du bist ein Hase. Jahrgang 99. Hasen lügen immer. Also: Warum hast du mich gewinnen lassen?

FRED:

Wolltest du denn verlieren?

ANNA:

Ja. Und das wusstest du auch.

FRED:

Woher soll ich wissen, dass du –

ANNA/BRÜNING:

Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anlügen. ruhig Wenn du mich noch einmal anlügst,

Bringe ich dich um. (Lund 2019a: 57f.)

Damit wird Anna, die mit Fred eine leidenschaftliche Nacht verbringt (vgl. Abb. 6), zu Jennys Konkurrentin im Kampf um die Zuneigung des Helden. Eine Rivalität entsteht, die das tödliche Schicksal des Helden antizipiert.

Abbildung 6: Anna und Fred verbringen eine leidenschaftliche Nacht miteinander (© Neuköllner Oper. Foto: Nasser Hashemi)

Doch während Brünhild aus dem Königinnenstreit im Nibelungenlied als Ausgelieferte hervorgeht, erweist sich Anna selbstmächtig, denn das »Drachenherz« (ebd.: 58) verbindet sie mit Fred auf eine schicksalhafte Weise:

ANNA:

Drachenherz

Stählern gepanzert

Nichts geht hinaus

Nichts geht hinein

Drachenherz

Innen so blutig

Außen ein Panzer

Kalt wie aus Eis.

FRED:

Drachenherz

Eiskalt und mutig

Sehnt sich nach nichts

Von dem es nichts weiß

Drachenherz

Lass dich nicht betören

Die blauesten Augen

Sind Gift für dich […].

ANNA und FRED:

Drachenherz

Gib acht auf die Lanze

Schütz deinen Rücken

Gut vor dem Stich

Drachenherz

Auch dein harter Panzer

Hat seine Lücken

Zeige sie niemals

Dem, der dir schwört

Ich liebe dich

Ich lie- [.] (Ebd.: 58f.)

Anna und Fred tasten sich voran, bis ihre schützenden Panzer aufbrechen, denn beide können nicht ohneeinander, aber auch nicht miteinander. Dass sich diese Liebe zum Helden mit Gewalt und Verrat gepaart hat, erfährt Anna spätestens, als Fred zugeben muss, dass er mit beiden jungen Frauen eine Nacht verbracht hat. Die eskalierende Eifersucht wird damit zum Auslöser des Mordkomplotts.

»Kein Platz für Helden«?

Ein Fazit

Der Deal zwischen Fred und Günni ist geplatzt und Hagen drängt, um der Ehre seines Anführers willen, auf den Tod des Helden. Diese Forderung versetzt Günni in Panik, erst in diesem Augenblick wird er sich der irreversiblen Erschütterung seiner Macht bewusst. Auf der fingierten Jagd nimmt das Unheil seinen Lauf und Fred wird zu Hagens Beute. Außerdem kommt es zum doppelten Verrat und zum doppelten Ausschluss des ›Fremden‹, wie Tropi den Tathergang im Nachgang rekonstruiert. Denn die Clique setzt die Reproduktion von kulturellen Rassismen und Geschlechterstereotypen nun absichtsvoll ein, um Woda die Schuld für diese Mordtat in die Schuhe zu schieben:

TROPI:

Ich hab keine Ahnung, was genau passiert ist. Als wir zu der Stelle kamen, war er schon tot.

In der Zeitung stand nur: Asylbewerber aus Bamunda ersticht eigenen Sozialarbeiter. […] Aus Eifersucht. Beide in dasselbe Mädchen verliebt und der Flüchtling ist dann eben ausgerastet. (Ebd.: 86)

Das Coming-of-Age-Musical Drachenherz formuliert somit auf die Frage, ob es hier tatsächlich keinen Platz für Helden gibt, keine abschließenden, einfachen Antworten. Trotz der negativen Bewertung der Mordtat wird diese nicht kritisch hinterfragt, auf Sympathie oder Mitleid mit den Opfern wird verzichtet. Eine Heldennachfolge scheint also ausgeschlossen. Es hat sich aber gleichzeitig gezeigt, dass aus Sicht der jugendlichen Figuren eine mehrfache Standpunktreflexion entworfen wird, um die multiple Positionierung des Helden im Handlungsverlauf immer wieder zu hinterfragen. Fremdheitserfahrungen werden dabei überdeutlich ausgestellt. Explizite gesellschaftskritische Stellungnahmen und ethische Positionen bietet das Stück zwar partiell an – durch ein mehrperspektivisches Erzählen, durch die Gestaltung von Innensichten oder kollektive Appelle – deren Auslegung muss aber in der Regel vom Publikum selbst geleistet werden. Dennoch eröffnet das Bühnengeschehen einen Möglichkeitsraum für die Erkundung von dynamischen Beziehungsmustern.

Um zu untersuchen, wie der Prozess der Selbst- und Fremdreflexion gestaltet wird und an welcher Stelle des Erzählens welche Differenzerfahrung eine Rolle spielt, ermöglicht der theoretische Zugang der Intersektionalität einen neuen Blickwinkel. Denn dieser berücksichtigt zudem individuelle Schnittpunkte sozialer Ungleichheitslagen, und zwar als Zusammenspiel von Benachteiligung, Widerständigkeit und Privilegierung. Jedoch geht ein Fremdverstehen hier nicht in einer Perspektivübernahme auf, sondern zielt auf die gemeinsame Aushandlung individueller und kultureller Bedeutungen ab. Dabei wurde dargelegt, dass die mehrdeutigen Anteile in der Figurengestaltung gerade nicht harmonisiert werden, sondern in Kontrast zueinander bestehen bleiben. Die Frage danach, ob es sich lohnt, für »Genug Platz für alle« (ebd.: 17) zu kämpfen, wird von den Figuren daher immer wieder unterschiedlich beantwortet. Eine Chance dieser Mehrdeutigkeit liegt darin, dass sich auch die jungen Rezipientinnen und Rezipienten die eigenen Wahrnehmungs- und Handlungsmuster sowie Projektionen bewusst machen können (vgl. Rösch 2017: 24).

Die intersektionale Perspektive ermöglicht es, die Konstitution von Ungleichheit als Ergebnis verwobener, oft widersprüchlicher Prozesse zu erfassen und die Zuschreibung von Differenz als Konstruktion zu entlarven. Damit verbunden ist die Erkenntnis, dass interkulturelles Lernen nicht nur den Blick auf das ›Fremde‹ verändert, sondern vor allem auf das eigene Leben als scheinbar vertraute Größe. Es geht eher um Irritation als um Sicherheit. So rufen die jungen Figuren im Sprechen über ihre multiplen Rollen auch die mehrdeutigen Macht- und Gewaltverhältnisse auf, in denen sie sich bewegen. Dies bildet mithin ein wirksames Erzählmodell, um die Formierung von Identität im Aushandlungsprozess überhaupt erst ›sichtbar‹ zu machen. Im Musical offenbart sich der Prozess des Grenzziehens damit selbst als ein überaus machtvolles und gleichzeitig brüchiges Phänomen. Es zwingt die Figuren dazu, die eigenen Kriterien auf ihre Gültigkeit und ihren Wirkungsradius hin zu befragen. Dieser Zugang erzeugt zwar eine Verunsicherung des Vertrauten, kann aber auch – und dies ist für eine interkulturelle Perspektive entscheidend – zur Verschiebung und Überschreitung von Grenzmarkierungen beitragen. Das Heldenhafte erweist sich damit als eine Frage der Perspektive: der Perspektive des Wahrnehmens, des Wertens und des Erzählens.

Anmerkungen

1 Das Coming-of-Age-Musical Drachenherz – Kein Platz für Helden unter der künstlerischen Leitung von Wolfgang Böhmer (Komposition) und Peter Lund (Text) feierte am 2.3.2019 im Opernhaus Chemnitz und am 16.6.2019 in der Neuköllner Oper Premiere. Das Stück ist eine Koproduktion des Studiengangs Musical und Show der Universität der Künste Berlin mit den Theatern Chemnitz und der Neuköllner Oper Berlin (musikalische Leitung: Hans-Peter Kirchberg, Tobias Bartholmeß; Regie und Choreografie: Mathias Noack, Peter Lund und Neva Howard; Ausstattung: Ulrike Reinhard; Sprechchöre: Franziska Trauselt; Video: Roman Rehor; Kampfcoach: Alfred Hartung; Dramaturgie: Christiane Dost; mit: Florentine Beyer, Tristan Giovanoli, Florian Heinke, Ngako Keuni, Johannes Krimmel, Nicola Kripylo, Karim Plett, Denis Riffel und Timo Stacey; Dauer: 2 Stunden 45 Minuten, eine Pause). Vgl. den Videotrailer mit Interviews zum Stück, online unter: https://www.udk-berlin.de/universitaet/fakultaet-darstellende-kunst/unit-theater-der-universitaet-der-kuenste-berlin/produktionen-neukoellner-oper/drachenherz-kein-platz-fuer-helden/#c78251 [Stand:1.8.2024]. Ich bedanke mich bei Peter Lund, der mir freundlicherweise die unveröffentlichte Textfassung von Drachenherz – Kein Platz für Helden zur Verfügung gestellt hat. Außerdem möchte ich dem Theater Chemnitz dafür danken, dass ich die Aufzeichnung der Generalprobe des Musicals im Opernhaus mit drei Kameras für meine Analysen nutzen durfte, und der Neuköllner Oper gilt mein Dank für die Übertragung der Bildrechte.

2 Vgl. zu aktuellen Nibelungen-Adaptionen im Gegenwartstheater unter Einbezug von Textfassungen u.a. Busch 2006, Händl 2020 und Miedema 2022 sowie unter Einbezug der medialen Effekte der Bühnenfassungen Schul 2014 u. 2022). Vgl. auch das von Gunter E. Grimm und Uwe Werlein initiierte Projekt »Die Rezeption des Nibelungenliedes«, online unter: https://www.nibelungenrezeption.de [Stand: 1.8.2024].

3 Vgl. zur Erweiterung des Erzählbegriffs hin zu einer transgenerischen und intermedialen Narratologie u.a. Nünning/Nünning 2002.

4 Auch die Prologstrophe des Nibelungenlieds, die nur in den Fassungen A und C überliefert ist, regt durch Vorausdeutungen dazu an, antizipierend aktiv zu werden und rückblickend Zusammenhänge herzustellen (vgl. Müller 1998: 74).

5 Die Videos von Roman Rehor, die wiederholt auf der Hausfassade präsentiert werden, unterstreichen sowohl Bühnenbild als auch Szenendarstellung und intensivieren diese zusätzlich (vgl. Baldauf 2019: 26).

6 Die Sigle NL B bezieht sich jeweils auf die Edition Das Nibelungenlied (2010) nach der Handschrift B herausgegeben von Ursula Schulze.

7 Von dieser Verwundbarkeit erfährt Hagen erst durch Kriemhild, die ihm im Vertrauen auf seine Treue von der Stelle erzählt, um ihren Mann vor Gefahren zu schützen (vgl. NL B 899).

8 Der Gedanke, Siegfried zu töten, taucht bei Brünhild bereits während des Streits mit Kriemhild auf (vgl. NL B 842,4), vor dem Aufbruch zur Jagd gibt der Erzähler einen Vorausblick auf Siegfrieds Tod, der ihre Beteiligung markiert (vgl. NL B 914,4), und schließlich weist Kriemhild auf ihre Verantwortung hin (vgl. NL B 1007,4).

9 Seit seiner Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert wurde bzw. wird das Nibelungenlied und besonders die Siegfried-Figur wiederholt mit Vorstellungen von ›deutscher Kultur‹ und nationalideologischer Vereinnahmung überblendet (vgl. Sieburg 2020: 332f.).

10 Im Nibelungenlied zeigen die Burgunden zunehmende Angst vor dem ›Fremden‹, beispielsweise als sich Gunther und Siegfried gemeinsam dem gefährlichen Kräftemessen mit der exzessiv starken Brünhild auf Isenstein stellen müssen (vgl. NL B 441, 449,4).

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E.T.A. Hoffmanns Nussknacker und Mäusekönig in Korea. Zur Problematik der Mündlichkeit im Übersetzungsprozess (Sinae Yang/Jiyeon Kook)
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