Kara Ben Nemsi spielt Klavier
Orientalismus und Männlichkeitskrise in Karl Mays Orientzyklus (Karl May: Von Bagdad nach Stambul)
AbstractWhen Kara Ben Nemsi, the first-person narrator of Karl May’s Oriental Cycle, plays his »›most fetching‹ waltzes« for a rich Damascus merchant, the harem women are supposedly barely able to hold themselves together. The erotic power of the music unfolds in the hands of the pianist. But over the course of the Damascus chapter, confronted twice with the disfiguring replication of his own behaviour – with the ironic mimicry referred to by Bhabha – the narrator is not able to reiterate the seduction in the repeat performance of the concert. The symptom of this masculinity crisis is Kara Ben Nemsi’s ostentatious transformation from an alleged seducer to a chaste proselytiser. Thus, he becomes an »ascetic priest« as referred to by Nietzsche.
TitleKara Ben Nemsi plays the piano. Orientalism and masculinity crisis in Karl May’s Oriental Cycle (Karl May: Von Bagdad nach Stambul [The caravan of death])
Keywordsorientalism; masculinity; power of music; mimicry; irony
[D]ies mag ein Vorurteil sein, aber ich habe es bisher immer bestätigt gefunden.
Auf weiten Reisen lernt man am leichtesten alte Vorurteile ablegen.
May 1988: 182f. und 330
In Karl Mays sogenanntem Orientzyklus, im 6. Kapitel des zwischen 1882 und 1884 entstandenen Romans Von Bagdad nach Stambul, ist der Ich-Erzähler Kara Ben Nemsi in Damaskus bei einem reichen Kaufmann zu Gast. In Damaskus hängen an den Wänden des luxuriösen Kaufmannshauses »die rohesten Farbenklexereien«: »Kunstungeheuerlichkeiten«, so der Erzähler, wie sie »eben nur für den – –«, zwei Gedankenstriche erzeugen eine Kunstpause, »Orient bestimmt sein [können].« (May 1988: 315) In Kontrast zu diesem mangelhaften Kunstverständnis steht das virtuose Klavierkonzert, das Kara Ben Nemsi im Hause des Kaufmanns gibt. Bei seinem »›feschesten‹ Walzer« können die Haremsdamen nicht mehr an sich halten. Ihre »Hände zuc[k]en«, ihre »Beine empö[r]en sich gegen ihre orientalisch eingebogene«, das heißt Zwangs-»Lage« (ebd.: 320). Mit der topischen Macht der Musik, wie sie auch Kleists Heilige Cäcilie beschwört, »dringen« die später sogar so genannten »feierlichen Töne« durch die »leise geöffnet[en]« »Lippen« der »Mädchen« »in ihr Inneres«, um dort Gedanken an jene »Freiheit« des Okzidents zu wecken, nach der angeblich »der Orient schmachtet« (ebd.: 333).
Doch spätestens am Ende des hier in Rede stehenden Damaskus-Kapitels wird klar, dass die auf den ersten Blick geradezu lehrbuchhaft orientalistische1 Anlage der Szene von Anfang an brüchig ist. Denn Kara Ben Nemsis Männlichkeit gerät in eine Krise – wenn sich seine Männlichkeitskrise (vgl. Elsaghe 2012) nicht schon in dem Umstand gezeigt hat, dass sein »Name« im Unterschied zu dem seines ausdrücklich »kleinen« Dieners Hadschi Halef Omar gerade nicht »länger als der Speer eines Feindes« ist (ebd.: 305f.).
In jedem Fall steht Kara Ben Nemsi, so oder so, in Hinblick auf seine Männlichkeit – auch – in der Tradition jener gebrochenen und schwachen Helden, wie sie etwa Mörikes Maler Nolten verkörpert: nur dass sich, anders als dieser, Kara Ben Nemsi zu seinem eigenen Bedauern nicht einmal mehr »auf die Blumensprache verst[eht]« (ebd.: 329). So gesehen, reflektiert die Spätbiedermeier-Exotik2 von Karl Mays Damaskus-Kapitel nicht nur den narzisstischen Orientalismus ihrer Entstehungszeit, sondern vor allem jene okzidentale Krise, der er sich verdankt.
Im Sinne einer solchen Krise hat schon Edward W. Said 1979 in seiner epochalen Studie Orientalism argumentiert:
The Orient [i]s almost a European invention […]. [What] I shall be calling Orientalis[m] [is] a way of coming to terms with the Orient that is based on the Orient’s special place in European Western experience. […] The Orient is not only adjacent to Europe; it is also the place of Europe’s […] deepest and most recurring images of the Other. (Said 1979: 1; Hervorh. i.O.)
Diese ›Bilder des Anderen‹ sind allerdings Said zufolge Reflexionen des Eigenen, insbesondere der eigenen Schwäche: »In the work of […] eminent Orientalists there is a highly tendentious – […] even hostile – vision of Islam, as if each man saw Islam as a reflection of his own chosen weakness.« (Ebd.: 209) »[T]he Orient is the stage on which the whole East is confined, […] a theatrical stage affixed to Europe.« (Ebd.: 63)
Heißt es bei Said, der Orientalismus sei das Symptom eines westlichen Narzissmus, dann ist das mit Blick auf May leicht nachzuvollziehen. Die Größenfantasien des Erzählers kennen keine Grenzen. Er ist ein schriftstellernder Superheld. Unzählige Sprachen spricht er. Er hat – wie Herakles den Nemeischen – einen »Löwen getötet, ganz allein und in der Dunkelheit, und [i]st dann mit der Haut desselben davongeritten.« (May 1988: 25) Als »Franke«, wie sich Kara Ben Nemsi selbst nennt, »w[eiß]« er »alles, selbst das, was« er »nicht gesehen ha[t]« (ebd.: 27). Er kann »dreiundvierzigmal schießen, ohne zu laden«, weil allein sein »Gewehr« – der Henrystutzen – »fünfundzwanzig Kugeln« hat. Das liegt daran, wie er einem Araber erläutert, dass die »Waffenschmiede« »des Abendlandes« – der Henrystutzen ist in St. Louis hergestellt! – »geschickter« sind als die des Orients, schenkt doch der »allgütig[e]« und »allweise« »Allah« »solche Gewehre« »nur dem Christen«, weil seine eigenen »Gläubigen«, also die Muslime, sie »mißbrauchen würden.« (Ebd.: 116f.) Als der »Raïs von Schohrd, Nedschir-Bey«, Kara Ben Nemsi »gefangen« nimmt, »befrei[t]« er »[s]ich selbst und verz[ei]h[t] ihm; dann w[i]r[d] er [s]ein Freund« (ebd.: 105): ganz ähnlich, wie es in Schillers Bürgschaft mit Dionysos und Damon geschieht. Noch als Kara Ben Nemsi die Pest hat, kämpft er; seine Waffen sind »unfehlba[r]« (ebd.: 139); die Krankheit übersteht er. Und so fort.
Der treue Gefährte Kara Ben Nemsis ist Hadschi Halef Omar, mit vollem Namen »Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah«. Um des Hadschis Männlichkeit ist es allerdings schlecht bestellt, wie der Erzähler nicht müde wird mitzuteilen. Tatsächlich beschreibt er – und mit Said steht hier der Verdacht einer orientalistischen »reflection of his own […] weakness« im Raum – den Hadschi als weibisch. Rudi Schweikert hat das in seinen grundlegenden Darstellungen zu den der Tendenz nach karikaturistischen Männlichkeits- und Weiblichkeitsmaskeraden bei Karl May umfassend dargestellt (vgl. Schweikert 2001a; 2001b; 2016 und 2017; s. auch Jürgens 2003). Nicht nur, dass der Erzähler den Hadschi wiederholt »mein[en] kleine[n] Halef« (May 1988: 175) nennt und damit ganz ähnlich bezeichnet wie Halefs eben erst geborenen Sohn, den er den »kleinen Hadschi« (ebd.: 305) nennt. Der Hadschi (Vater) hat auch einen viel zu dünnen Bart. Mal ist die Rede von »d[en]« – bestimmter Artikel – »sechzehn Haare[n] seines Schnurrbartes« (ebd.: 330), mal von »seinen dreizehn Schnurrbarthaaren«, an denen der Hadschi auch noch »ganz energisch« – um nicht zu sagen: onanistisch – »herumzupf[t]« (ebd.: 491). Wie der Erzähler von Frauen und Kindern, aber nicht von Helden sagen würde, ist der Hadschi »ein Leckermaul«. Als Kara Ben Nemsi in einem Gefäß »gekochte […] Birnen […] in ihrer eigenen, süßen Sauce« findet, »k[a]n[n] sich Halef nicht mehr halten.« Und so teilt Kara Ben Nemsi eine Mahlzeit auf, indem er für sich »den Kaffee, das Brot und das Fleisch« nimmt – das ist Essen für Männer – und dem Hadschi, sehr zu seiner Begeisterung, »die Birnen und die Früchte des […] Zuckerbäcker[s]« zuteilt (ebd.: 174f.).
Der angeblich »bekannten orientalischen Selbstbeherrschung« (ebd.: 25) zum Trotz benimmt sich Halef wie ein Klageweib, als er denkt, sein »Herr« liege im Sterben:
Als ich erwachte, sah ich in das Auge meines kleinen Hadschi; es war voll Tränen. »Hamdullillah – Allah sei Dank, er lebt! Er öffnet die Augen!« rief Halef ganz außer sich vor Entzücken. […] Ich war so matt, daß mir die Lider schwer wieder zufielen. »ïa Allah, ïa jazik, ïa waï – o wehe, er stirbt!« hörte ich ihn noch jammern, dann wußte ich abermals nichts von mir. (Ebd.: 150)
So gesehen, spielt Halef für Kara Ben Nemsi die Rolle einer Art Ersatz-Ehefrau – daher auch, wie in ›meine Frau‹, das Possessivpronomen: ›mein Hadschi‹. Es deutet ein Verhältnis zum Erzähler an, das schon 1962 Arno Schmidt zum Nachdenken über die »ideelle« oder auch nicht ideelle »Homosexualität« »des Phänomens May« gebracht hatte (o.A. 1962: 63) und zu Thesen wie »Halef ist ganz simpel May’s eigener Penis!« (Schmidt 1993: 177, Erstveröffentlichung 1963; Hervorh. i.O.); dagegen wandten sich 1973 Heinz Stolte und Gerhard Klußmeier mit Eine[r] notwendige[n] Klarstellung, und das heißt natürlich: Gegendarstellung (Stolte/Klußmeier 1973). Sicher ist: Die Familienverhältnisse Kara Ben Nemsis sind merkwürdig. So macht er seinem »Hengst« »Umschläge mit derselben Sorgfalt, mit welcher eine Mutter für ihr Kind bedacht wäre« (May 1988: 81). Das Pferd wie auch der Hund Dojan, ein Rüde, ersetzen ihm die Kinder – oder genauer: die Söhne.
Dennoch bleiben Beziehungen des Erzählers zu Frauen und Frauenkörpern nicht aus. Das 6. Kapitel, das »In Damaskus« heißt, beginnt als Hohelied auf eine Frau beziehungsweise einen Frauenkörper: »›Sei mir gegrüßt, Damask, du Blumenreiche, du Königin der Düfte, du Augenlicht des Weltantlitzes, du Jungfrau der Feigen, du Spenderin aller Freuden und du Feindin alles Kummers!‹ So begrüßt der Wanderer Damaskus« (ebd.: 300).
Die Stadt ist in der westlichen Tradition topisch ein Frauenkörper. Ihre Verlockungen und Gefahren verkörpert allegorisch die Hure Babylon, wie sie die »Offenbarung des Johannes« beschreibt (vgl. Die Bibel 1984: Off 17,1-18). Diese Ambiguität des Frauenkörpers verstärkt im gegebenen Kontext noch die im Deutschen bestehende klangliche Nähe von ›Houri‹ und ›Hure‹.3
Auch bei Kara Ben Nemsi vermischen sich die Vorstellungen von Stadt und Frauenkörper. Als er, im Kampfe verletzt, darniederliegt, heißt es – auch dies ein Appell an die »Angstlust« der Leser (Schweikert 2001a: 65) –: »Später war es mir wie im Traume. Ich hatte mit Drachen und Lindwürmern«, den topischen Verkörperungen der siebenköpfigen Bestie aus der Apokalypse (vgl. Die Bibel 1984: Off 12,3), »gegen Riesen und Giganten zu kämpfen; aber plötzlich waren diese wilden, unheimlichen Gestalten verschwunden; ein süßer Duft« – der an die »Königin der Düfte« Damaskus denken lässt – »wehte um mich her; leise Töne drangen wie Engelsstimmen« – oder auch »wie der Gesang der Houris« – »an mein Ohr, und vier weiche, warme Hände waren um mich bemüht.« (May 1988: 150)
Die Szene, die unmittelbar an die phallischen Traumbilder von Lindwurm und Riese anschließt, bleibt erotisch verfänglich: »War dies immer noch Traum, oder war es Wirklichkeit? Ich öffnete abermals die Augen. Die jenseitigen Höhen der Berge erglühten im letzten Strahle der untergehenden Sonne und über das Tal breitete sich bereits ein Halbdunkel aus«, und Bergeshöhen und Tal stehen hier insofern für den weiblichen Körper ein, als es gleich darauf heißt: »[N]och aber war es hell genug, die Schönheit der zwei Frauenköpfe zu erkennen, welche sich von beiden Seiten her über mich beugten. ›Dirigha, bija – o wehe, fort!‹ rief es in persischer Sprache; die Schleier fielen über die Angesichter, und die beiden Frauen flohen davon.« (Ebd.)
Blickt in dieser Szene der Erzähler auf die »jenseitigen Höhen der Berge«, ist es zu Beginn des Damaskus-Kapitels ein »Wanderer«, der von einem »der herrlichsten Aussichtspunkte der Erde« in die »hochgepriesene Ebene« der »Königin […] Damaskus« hinabblickt. Damaskus allerdings hält aus der Nähe nicht, was es aus der Ferne verspricht. Im Gegenteil:
Damaskus gewährt im Innern keineswegs den Anblick, welchen man von außen erwartet. […] [D]ie Straßen […] sind entsetzlich gepflastert, krumm und eng, und die meist fensterlosen, äußeren Lehmwände der Häuser sehen häßlich aus. Auch hier wird die Straßen- und Wohlfahrtspolizei, wie in den meisten orientalischen Städten, von Aasgeiern und räudigen, verkommenen Hunden besorgt. (Ebd.: 311)
Kein Wunder, dass man da als Mann aus dem Westen Angst hat, eine solche Stadt zu betreten beziehungsweise in ihre »häßlich[en]«, »enge[n], krumme[n]« »Gassen« ›einzudringen‹.4
So jedenfalls verhält es sich im der Stadt Damaskus verwandten Falle von Konstantinopel mit jenem englischen Lord, der als Engländer charakteristisch nüchtern und rational ist. Das ist, völkerpsychologisch beziehungsweise -topologisch, kein Zufall. Noch in Thomas Manns Tod in Venedig geschieht es im »englische[n] Reisebureau«, dass ein »Brite […] von jener gesetzten Loyalität des Wesens, die im spitzbübisch behenden Süden so fremd […] anmutet«, Gustav von Aschenbach »in seiner redlichen und bequemen Sprache«, auf Englisch also, »die Wahrheit« »sag[t]« und vor der »indische[n] Cholera« warnt (Mann 2004: 512).
Ähnlich umsichtig ist der Lord, von dem Kara Ben Nemsi spricht. Er dringt sozusagen nur geschützt, nämlich an Bord seiner Dampfjacht, in die Stadt ein:
[I]n Beziehung auf Konstantinopel muß ich doch erwähnen, daß man diese Stadt nur dann schön zu finden vermag, wenn man sie nur von außen, vom goldenen Horn[5] aus, betrachtet; sobald man dagegen ihr Inneres betritt, wird die Enttäuschung nicht ausbleiben. Ich erinnere mich dabei jenes englischen Lords, von welchem man erzählt, daß er zwar mit seiner Dampfjacht Konstantinopel besucht, aber dabei nicht sein Fahrzeug verlassen habe. Er fuhr von Rodosto am Nordufer des Marmarameeres hin bis Stambul, lenkte in das goldene Horn ein […], kehrte zurück und ging im Bosporus bis an dessen Mündung in das schwarze Meer und fuhr dann wieder zurück (May 1988: 396).
Dringt man aber ohne solchen Schutz in die Stadt ein, dann begibt man sich in eine hygienische Gefahr,6 in der man ironischerweise noch den »häßlichen […] Hunde[n]« für ihre »Wohlfahrts«funktion dankbar sein muss. Denn die Gefahr ist, und hier enden die sexuellen Konnotationen der Stadt im Anal-Abjekten, im Kot zu landen: »Betritt man hingegen die Stadt, so kommt man in enge, krumme, winkelige Gäßchen und Gassen, welche unmöglich Straßen zu nennen sind. Pflaster gibt es nur selten. Die Häuser sind meist aus Holz gebaut und kehren der Gasse eine öde, fensterlose Fronte zu.« (May 1988: 396)
Ist das geschlechtertheoretisch von Bedeutung? Sigmund Freud schreibt in den Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse über den »menschliche[n] Leib […] als Haus«: »[D]ie […] mit Vorsprüngen und Balkonen versehen sind, an welchen man sich anhalten kann, das sind Frauen« (Freud 1997: 162; Hervorh. i.O.) – die bei May beschriebenen Häuser hingegen sind »öde« und, wie es zweimal heißt, »fensterlo[s]«. Weiter heißt es:
Bei jedem Schritte stößt man [!] auf einen der häßlichen, struppigen Hunde, welche hier die Wohlfahrtspolizei zu versehen haben, und wegen der Enge der Passage muß man jeden Augenblick gewärtig sein, von Lastträgern, Pferden, Eseln und anderen tierischen oder menschlichen Passanten in den Kot gerannt zu werden. (May 1988: 396)
Hier muss man sich zweierlei klarmachen. Erstens sind diese »Gäßchen und Gassen« der Stadt körperlich und sexuell konnotiert. Es handelt sich um die gleiche Gassentopik, das heißt Großstadt-, Infektions- und Krankheitstopik, wie im Tod in Venedig, wo die »schmutzigen Gäßchen Venedigs« Aschenbachs »Geheimnis« »[b]ewahr[en]« (Mann 2004: 565), wo das »Sterben in der Enge der Gäßchen um sich [frisst]« (ebd.: 579) und wo Aschenbach dem »[b]egehrten« Knaben Tadzio »bei sinkendem Tage durch Gassen, in denen […] das ekle Sterben umg[eht], […] unwürdig nachfolg[t]« (ebd.: 584).
Zweitens geht es hier nicht um Topografie im Allgemeinen, sondern spezifisch um Großstadttopografie. Erkunden nämlich die Männer den weiblichen – mit Sigmund Freud – »dark continent« des Orients (Freud 1972: 254) fern der Stadt, ist von Furcht und Unwohlsein keine Rede. Im Gegenteil. In Von Bagdad nach Stambul heißt es:
Wir […] zogen uns seitwärts des Passes in ein kleines, aber tiefes Tälchen zurück […]. [M]it dem Grauen des Tages ritten wir bereits in den Mund des Passes ein. […] Der Weg führte über nackte Höhen und kahle Steinflächen, durch dunkle Schluchten und melancholische Täler […]. Man sah und fühlte hier so recht deutlich, daß man sich auf einem Boden befand, den vielleicht noch kein Europäer betreten hatte (May 1988: 74f.),
den Kara Ben Nemsi aber gerne exploriert: »reis[t]« er doch, wie er selbst sagt, »um über die Länder, welche ich sehe, Bücher zu schreiben, die dann zum Kaffee gelesen werden.« (Ebd.: 308)
In Damaskus, in das sich Kara Ben Nemsi allen Risiken zum Trotz doch hineintraut, gelangt er schließlich in das Haus des reichen arabischen Kaufmanns Jacub Afarah. Es ist eine Art Residuum des mythischen, zu Beginn des Kapitels besungenen Damaskus (vgl. ebd.: 314). Fensteröffnungen, Vorhänge, durchbrochenes, aber zugleich verschlossenes Gitterwerk, Blütenduft von Damaszenerrosen und reicher Schmuck auf dem Wege dorthin »empor«, wo man – Mann – nicht hindarf: Das hier ist weibliches Terrain.
Die Tochter des Hausherrn geht den Männern voraus, und plötzlich steht Kara Ben Nemsi in einem Salon voll mit Kunst:
Hohe, breite Sammetpolster zogen sich an den Wänden hin; in einer Nische tickte eine französische Pendule ihre monotonen Schläge; von der Kuppel hing ein vielarmiger, vergoldeter Leuchter herab, und zwischen den seidenen Draperien, welche die Wände verdeckten, blickten aus kostbaren Rahmen zahlreiche Bilder auf uns nieder. (Ebd.: 315)
Man könnte meinen, man befände sich in einem europäischen Salon. Doch der Erzähler fährt fort: »Es waren – man denke sich mein Erstaunen – die rohesten Farbenklexereien, mit denen leider noch heute eine schmutzige« (May 1988: 315) – das lässt an die von Said diagnostizierte »essential untidiness«, »essential unmasterable presence« des ›Orients‹ denken (Said 1982: 58) – »Kolportage-Spekulation die Welt beglückt: Napoleon im Kaiserornate, aber mit dicken, zinnoberrot gemalten Posaunenengelbacken; Friedrich der Große mit einem dünnen Henri-quatre«, was doppelt falsch ist, weil Friedrich der Große gar keinen Bart hatte und zudem keinen Bart getragen hätte, der 200 Jahre vor seiner Zeit modern gewesen war, »Washington in einer ungeheuren Allongeperücke,« was wiederum, diesmal um 100 Jahre, anachronistisch ist; »Lady Stanhope mit Schönpflästerchen«, womit die spätromantische Abenteurerin, die jahrzehntelang als eine Art Märchen-Herrscherin in den Bergen des Libanon gelebt hat, modisch dem höfischen Barock zugeschlagen wird; »die Seeschlacht bei Tschesme« in der Türkei »mit holländischen Torfkähnen; ein Riesenbouquet mit roten Helianthus, gelben Kornblumen und blauen Schneeglöckchen«, deren Farben dreifach verkehrt sind; »ein Herkules Korynephoros, mit dem Lindwurm des heiligen Georg zwischen den Beinen«, in dem also heidnische Antike und christliche Nachantike vermischt und zudem die Lanze mit der Keule verwechselt werden, »und endlich gar die Erstürmung von Sagunt, aus dessen Schießscharten Kanonenläufe schauten und über dessen eingeschossenen Mauern sich ein dichter, violetter Pulverdampf lagerte«, wobei dem Karthager Hannibal im Jahr 218 v. Chr. natürlich kein Schießpulver zur Verfügung stand (May 1988: 315). Der Erzähler resümiert, wie schon zitiert: »Solche Kunstungeheuerlichkeiten können eben nur für den – – Orient bestimmt sein.« (Ebd.: 315)
Der Besitzer ist allerdings stolz auf seine Bilder. Da er Kara Ben Nemsi »eine wirklich morgenländische Gastfreundlichkeit« erwiesen hat, »deren Wert« dieser »dankbar erkennen mu[ß]«, antwortet er auf die Frage seines Gastgebers, ob er »bereits solche Bilder gesehen« habe, »zweideutig«: »›Sie sind sehr selten‹« (ebd.: 316f.). Zwar wahrt der Erzähler damit, ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Zweideutigkeit, dem Gastfreund gegenüber die Höflichkeit. Seine zitierte Beschreibung jedoch ist voller Häme – und dabei in ihrer Zuverlässigkeit gar nicht überprüfbar. Handelt es sich denn überhaupt um die Erstürmung von Sagunt?
Woher also diese erzählerische Überheblichkeit, ja: Aggression?7 Eine Antwort auf diese Frage mag darin liegen, dass Kara Ben Nemsis Gastgeber bei ihm einen wunden Punkt trifft – und das ganz so, als wäre er mit allen postkolonialen Wassern gewaschen.8 Denn was er dem Erzähler vor Augen führt, ist nichts anderes als eine postkolonial-subversive Reflexion der eigenen kunstreligiösen Bildungsbeflissenheit und Überheblichkeit – eine Art, mit den Worten von Leela Gandhi und Dipesh Chakrabarty, »›postcolonial revenge‹« (wie sie Chakrabarty allerdings ausdrücklich ablehnt; Chakrabarty 2000: 16).
Dass Kara Ben Nemsi, mit Hegels Begriff aus der Phänomenologie des Geistes, einer »Kunstreligion« anhängt (Hegel 1986: 512), zeigt etwa die Szene mit dem »alten Türken«, den der Erzähler zu seinem Erstaunen »polnisch fluchen […] hör[t]« und der, wie sich herausstellt, tatsächlich kein Türke ist. Er führt Kara Ben Nemsi in sein Haus, wo
von hohen Gestellen ringsum grüne Vorhänge herabhingen, und was diese Vorhänge verbargen, das konnte ich erraten, wenn ich den Blick auf die lange Tafel warf, welche die Mitte des Raumes einnahm: sie war mit Büchern ganz bedeckt, und grad mir gegenüber lag, aufgeschlagen und gar nicht zu verkennen – –,
wieder eine dramatische Kunstpause,
eine alte Nürnberger Bilderbibel. Mit einem raschen Schritte stand ich dort und legte meine Hand darauf. »Die Bibel!« rief ich deutsch. »Shakespeare, Montesquieu, Rousseau, Schiller, Lord Byron! Wie kommen die hierher!« Das waren die Titel nur einiger unter den vielen Werken, welche ich hier liegen sah. (Ebd.: 240f.)
In dieser Bibliothek sind die Europäer unter sich – lebende wie tote. Rasch, wie reflexhaft, legt der Erzähler die Hand auf die Bibel, als wollte er auf sie schwören, und wechselt ins Deutsche, also die Sprache der ihn berührenden wie von ihm berührten Bibel. Drei Ausrufezeichen in Folge zeigen die Emphase des Erzählers, der dann, partes pro toto, eine Aufzählung des europäischen, westlichen Bildungskanons folgen lässt.
Dabei zeigt er eine ähnliche Begeisterung wie sein Damaszener Gastgeber bei der Präsentation seiner Bilder, die tatsächlich »zweideutig« sind: und zwar, indem sie jene Macht des Zweideutigen entfalten, die Homi K. Bhabha in The Location of Culture als »force of ambivalence« beschrieben hat. Bei Bhabha heißt es:
An important feature of colonial discourse is its dependence on the concept of »fixity« in the ideological construction of otherness. Fixity, as the sign of cultural/historical/racial difference in the discourse of colonialism, is a paradoxical mode of representation: it connotes rigidity and an unchanging order as well as disorder, degeneracy and daemonic repetition. Likewise the stereotype […] is a form of knowledge and identification that vacillates between what is always »in place«, already known, and something that must be anxiously repeated […]. It is this process of ambivalence, central to the stereotype, […] it is the force of ambivalence that gives the colonial stereotype its currency: ensures its repeatability (Bhabha 1994: 94f.; Hervorh. i.O.).
»I suggest, in a very preliminary way, that the colonial stereotype is a complex, ambivalent, contradictory mode of representation, as anxious as it is assertive« (ebd.: 100), und genau das zeigt die Szene bei dem reichen Damaszener Kaufmann, führt sie doch die Irritation durch die entstellende Wiederholung des eigenen Verhaltens vor Augen: nämlich durch Mimikry (vgl. zu »kolonialer Mimikry« bei Halef Dunker 2011: 180).
Die Bilder seien sehr selten, hat Kara Ben Nemsi »zweideutig« zu seinem Gastgeber gesagt, und dieser fährt fort:
»Ja. Ich habe sie in Stambul gekauft und einen sehr hohen Preis bezahlt. Kein Mann in Damaskus hat solche kostbare Gemälde. Weißt du auch, was sie vorstellen?« »Ich möchte es beinahe bezweifeln!« »Ich habe es mir erklären lassen. Das erste ist der Sultan el Kebir (Napoleon)[9] und das zweite der kluge Emir der Nemsi; dann kommt die Königin von England (Er meinte Lady Stanhope) mit dem Schah der Amerikaner; neben den Blumen ist ein Held (Herkules) aus Diarbekir, der einen Seehund tötet, daneben die Schlacht bei Tschesme und dann die Erstürmung von Jerusalem (er meinte Sagunt) durch die Christen. Ist das nicht schön?« (May 1988: 317)
Womit der Kaufmann hier Kara Ben Nemsi provoziert, ist, was Bhabha als »trompe l’oeil, irony«, »mimicry and mockery« beschrieben hat:
The discourse of […] colonialism often speaks in a tongue that is forked, not false. If colonialism takes power in the name of history, it repeatedly exercises its authority through the figures of farce. For the epic intention of the civilizing mission […] often produces a text rich in the traditions of trompe l’oeil, irony, mimicry, and repetition. […] The authority of that mode of colonial discourse […] is […] stricken by an indeterminacy: mimicry emerges as the representation of a difference that is itself a process of disavowal. […] Mimicry is also the sign of the inappropriate, however, a difference or recalcitrance which coheres the dominant strategic function of colonial power, intensifies surveillance, and poses an immanent threat to both »normalized« knowledges and disciplinary powers. The effect of mimicry on the authority of colonial discourse is profound and disturbing. (Bhabha 1994: 122f.)
Wie reagiert der auf diese Weise provozierte, ›terrorisierte‹ Kara Ben Nemsi? Er reagiert mit kolonialer Aggression, die er zunächst auf seinen Gastgeber verschiebt, indem er sie diesem – dabei nun seinerseits dem Leser, der Leserin gegenüber offen ironisch – zuschreibt. Auf die Frage seines Gastgebers »Ist das nicht schön?« antwortet Kara Ben Nemsi, um dann von den Bildern abzulenken:
»Außerordentlich! Aber was steht hier in der Mitte dieses Zimmers?« »O, das ist das Kostbarste, was ich besitze. Es ist ein Tschalghy (wörtlich: Musik), das ich von einem Engländer kaufte […]. Ich werde dir zeigen, wie man es macht.« Mit diesen Worten begann der Mann ein Faust-Attentat auf die Tasten, welches mir die Haare zu Berge trieb [–]
hier verschiebt der Erzähler seine eigene Aggression auf den Gastgeber – »ich aber zwang mich zu einer bewundernden Miene« – und stellt augenzwinkernd Einvernehmen mit seinen Lesern, vielleicht auch Leserinnen her –,
und erkundigte mich dann, ob sonst weiter nichts zu dem »Tschalghy« vorhanden sei. »Der Engländer gab mir auch Demir iplik (Draht) mit und einen Hammer zum Musikmachen, damit die Hände nicht schmerzen. Ich werde dir ihn zeigen.« Er ging und brachte bald ein Kästchen, welches Saitendraht verschiedener Stärke und einen Stimmschlüssel enthielt. Er nahm den letzteren und hämmerte damit auf den Tasten herum, daß es heulte und krachte. Der liebenswürdige Engländer[,]
und die dem Engländer attestierte Liebenswürdigkeit ist eine passive aggression des Erzählers, »hatte sich jedenfalls den Spaß gemacht, ihm den Gebrauch des Schlüssels in dieser Weise zu erklären. Uebrigens«, das ist dem Erzähler ausdrücklich noch einen Zusatz wert, »war das Piano schrecklich verstimmt und voller Staub und Schmutz. ›Willst du auch einmal Musik machen?‹ fragte er mich. […] Er reichte mir den Stimmhammer mit einer wichtigen Gönnermiene entgegen.« (May 1988: 317f.)
Das ist eine weitere Verschiebung, denn tatsächlich ist es ja der Erzähler, der hier eine Gönnermiene zeigt. Schon als er das Klavier stimmt – das kann er natürlich auch, hat er doch »früher als armer Schüler oft Pianos gestimmt, um ein kleines Taschengeld zu erwerben« – und bloß ein paar »Quinten und Oktaven« hören lässt, zeigt sein Gastgeber »Gebärden des Entzückens« und ruft: »›O, du kannst es ja noch viel besser als ich!‹« (Ebd.: 318f.)
Was folgt, ist eine musikalische Verführung, die dem Erzähler zufolge mehr noch auf das Konto der Macht der Musik selbst geht als auf sein eigenes. Schon während der Erzähler das Klavier stimmt, »w[i]r[d] die Tür geöffnet«; »vor derselben erscheinen alle […] Frauengestalten« (ebd.: 319). Die »Frauen« im »Harem« sind zwar »verschleiert«, aber an ihren »Augen und […] Nasenspitzen« sieht der Erzähler ihnen doch »ihre Ungeduld« an, und so macht er sich daran, sie – mit dem ersten von einer ganzen Reihe sexuell zweideutiger Ausdrücke – zu »befriedigen«.
»Ich war sehr begierig, zu sehen, welche Wirkung ein flotter Walzer auf diese Damen machen werde […]. Es war interessant, den Eindruck des ersten, vollgriffigen«, wenn nicht übergriffigen, »Akkordes, dem ich einen kräftigen Läufer folgen ließ, zu beobachten. […] Die Frauen zuckten vor Ueberraschung zusammen, schrien vor Erstaunen laut auf und streckten unbedachter Weise die Hände aus, so daß sich die Schleier öffneten und ich für einen Augenblick sämtliche Gesichter zu sehen bekam.« (Ebd.: 319f.)
Das sind die Folgen der topischen Gewalt der Musik, der die Haremsdamen immer weniger widerstehen können:
Nach einem kurzen Präludieren ließ ich meinen »feschesten« Walzer los. Mein Publikum saß zunächst ganz starr; bald aber begann der Rhythmus seine unwiderstehliche Wirkung zu äußern. Es kam Bewegung in die steifen Gestalten: die Hände zuckten, die Beine empörten sich gegen ihre orientalisch eingebogene Lage, und die Körper begannen, sich nach dem Takte hin und her zu wiegen. […] »Sihdi,« meinte Halef, »solche Musik gibt es nur noch in El Dschennet, wo die Geister der Seligen[«]
und auch die Houris
[»]wohnen. Allah il Allah!« Die Frauen wagten es nicht, ihre Gefühle in Worten laut werden zu lassen; doch ihre lebhafte Bewegung und der anerkennende[10] Ton ihres Geflüsters überzeugten mich, daß sie sich nichts weniger als gelangweilt hatten. Ich spielte weiter, ein ganzes, stundenlanges Programm herunter, und mein Publikum wurde nicht müde, den noch nie gehörten Klängen zu lauschen. (Ebd.: 320f.)
Doch kurz nachdem Kara Ben Nemsi auf die »Harem[s]«-»Damen« musikalisch »unwiderstehliche Wirkung« gemacht hat, macht eine Dame ebensolche Wirkung auf ihn und kehrt damit das Verhältnis von musizierendem, aktivem Mann und lauschender, passiver Frau um. Das geschieht auf dem »Fest« »Er-Rimal«, »unserem[11] deutschen Vogelschießen ähnlich«. Handelt es sich bei diesem Fest nach »schöner, deutscher« »[S]itte«, bei dem »alle zusammen in Tiroler Tracht« gekleidet sind und ein Lied in der »reinsten erzgebirgischen Mundart« von »Wurscht« und »Sauerkraut« singen und davon, dass am Heiligabend in Sachsen nicht Milch und Honig fließen, sondern der Alkohol, nicht um ähnliche »Kunstungeheuerlichkeiten« wie im Hause des Damaszener Kaufmanns? (Vgl. ebd.: 323-325)
Der Erzähler fährt jedenfalls fort:
[D]ie Freude, hier einen Deutschen zu treffen, war allgemein, und die Folge davon waren einerseits von mir einige Gläser Scherbet und anderseits von ihnen die Bitte, mein Lieblingslied zu nennen; sie wollten es singen. Ich bezeichnete es ihnen, und sofort begannen sie: »Wenn sich zwei Herzen scheiden,/Die sich dereinst geliebt,/Das ist ein großes Leiden,/Wie’s größer keines gibt.« (Ebd.: 326f.)
Das ist ein – von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) in den Sechs Gesängen op. 99 vertontes – Gedicht von Emmanuel Geibel (1815-1884), aus dessen Gedicht Deutschlands Beruf (1861) der zur politischen Parole gewordene Doppelvers »Und es mag am deutschen Wesen/einmal noch die Welt genesen« stammt (Geibel o.J.: 220). Hier kehren sich plötzlich, indem Kara Ben Nemsi auf eigenen Wunsch zum Zuhörer des von einer Frau gesungenen Liebesleid-Liedes wird, die Geschlechterpositionen des Haremskonzertes um. Jetzt – und zwar ausdrücklich unter der Bedingung »schöner, deutscher« »[S]itte«, die anscheinend die an der Szene Beteiligten für einen Moment aus dem Orientalismus und seinen stereotypen Geschlechterpositionen herausheben soll – ist eine Frau die aktive Musikerin, der Gewalt der Musik passiv unterworfen hingegen ist der Mann. Eben noch stark und »unwiderstehlic[h]« auf die Frauen »Wirkung […] machen[d]«, befindet er sich nun auf einmal selbst in ihrer Position.
Das aber bleibt nicht lange so, Halef holt Kara Ben Nemsi heraus. Gerade, als sich der Erzähler »freu[t]«, »wieder einmal [d]er prächtigen Melodie« seines Lieblingsliedes »lauschen zu können«, gibt ihm »Halef einen Stoß und wink[t] nach« einem »Mann« mit »unangenehmen Züge[n]« hin, den die beiden angeblich sofort verfolgen »müssen«: »›Halef, ihm nach! Wir müssen wissen, wo er hier wohnt‹«, ruft der Erzähler und »spr[i]ng[t] auf« (May 1988: 327). Sein re-entry in den Orient befreit ihn aus dem Gender-Trouble.
Und dennoch lässt ihn die ›deutsche Sitte‹ nicht los. Zurück im Hause des Kaufmanns, heißt es:
Man hatte mir während meiner Abwesenheit die Stube geschmückt. Von der Decke hingen Ampeln voll duftender Blumen herab, und auch in jeder Ecke stand eine hohe Vase, mit liebenswürdigen Kindern Floras angefüllt. Schade, daß ich mich so gar nicht auf Blumensprache verstand, sonst hätte ich vielleicht eine rührende Dankadresse für das Piano-Concert herauslesen können! (Ebd.: 328f.)
Die »Blumensprache« nun – »Blumen müssen oft bezeigen/was die Lippen gern verschweigen«, schreibt Marianne von Willemer 1825 an Goethe (Willemer, zit.n. Goethe 1992: 696) – steht in einer orientalistischen Tradition (vgl. Schwan 2014); so erläutert es auch Goethe im West-östlichen Divan (vgl. Goethe 1998: 196-199). Da es sich aber zudem um einen allzu komplizierten »Chiffern«-Code handelt, von dem man Goethe zufolge deshalb »nicht zu viel Gutes […] erwarten« dürfe (ebd.: 200 und 196), hat »das Praktizieren der Blumensprache […] nur wenig Niederschlag in der Romanliteratur des 19. Jahrhunderts gefunden« (Schwan 2014: 214). In Mörikes Maler Nolten wird sie diskutiert, und zwar von Frauen (vgl. Mörike 1967: 350f.).
Als eine der beiden Frauen, die sich mit ihren »weiche[n], warme[n] Hände[n]« um den verletzten Kara Ben Nemsi »bemüh[en]«, ihm sagt, sie werde »Alwah oder auch zuweilen Halwa genannt«, kommentiert der Erzähler:
Alle Wetter! War es mir auf dieser Reise denn wirklich beschieden, nur anthropobotanische Studien zu machen? Erst kürzlich in Schohrd eine »Petersilie«, und jetzt wieder eine Alwah, die zuweilen auch Halwa genannt wurde! Diese beiden Wörter bestehen aus ganz denselben Buchstaben, und doch wie verschieden ist ihre Bedeutung! (May 1988: 170)
Gerade das ist aber der »Chiffern«-Witz der Blumensprache, wie ihn Goethe im West-östlichen Divan beschreibt. Der Erzähler fährt fort:
Alwah heißt […] im Persischen so viel als Aloë, und Halwa ist unser liebes Tausendschönchen. […] [G]leich […] erschien das »Tausendschönchen« mit einem Znabilik (Körbchen) und einem Kawehdan (Kaffeetopf). In dem ersteren befand sich frisches, ungesäuertes Brot nebst kalten Bratenschnitten, und in dem letzteren dampfte der wohlriechende Trank, dessen Zichorie-Imitation in Sachsen den poetischen Namen »Bliemchenkaffee« führt. (Ebd.: 170, 173)
Man möchte sagen: Mit der Blumensprache im Kopfe sieht der Erzähler Zichorien-Kaffee in jedem Topfe. Und dieses Kaffee-Imitat wiederum ist, darauf verweisen auch das Diminutiv und die an die Sängerin aus Presnitz erinnernde sächsische Vokaltönung, weiblich konnotiert. Anders gesagt: Wer sich auf die Blumensprache versteht, denkt weiblich, und eben das leugnet Kara Ben Nemsi hier aus gegebenem Anlass: Ist er doch gerade erst der Szene mit seinem Lieblingslied entkommen, in der er als ›weibliches‹ Objekt figurierte.
Schließlich unternimmt der Erzähler einen weiteren Versuch, am Klavier seine Männlichkeit zu beweisen – oder auch (wieder) herzustellen. Damit aber scheitert er. Wieder gibt es ein Konzert. Dann heißt es:
Als ich aufhörte, führte mich Jacub an das kleine Gitterfenster, welches hinaus auf die »gerade Straße« ging. Da unten stand, so breit die Gasse war, eine Kopf an Kopf gedrängte Zuschauerschar. […] Was die Damen betrifft, so hatte ich etliche dreißig Nasenspitzen und einige sechzig Augen gesehen, sonst aber nichts – nicht einmal einen Fuß, der im Taktschlagen den Pantoffel verloren hätte, da beides, Füße und Pantoffel, bei der Art und Weise des orientalischen Sitzens von mir abgewendet war. (Ebd.: 330f.)
»Was die Damen betrifft«, hat Kara Ben Nemsis Vortrag diesmal also keine »Wirkung« gemacht – erotisch jedenfalls nicht. Nicht einmal einen Blick auf ein Partialobjekt – Fuß – oder einen Fetisch – Pantoffel – kann er erhaschen. Wohl aber drängen sich »Moslemin« »Kopf an Kopf« auf der »gerade[n] Straße«: also jener Straße, wo »Saulus zum Paulus wurde«. Der Erzähler zitiert aus der Apostelgeschichte: »›Stehe auf, und gehe in die Gasse, welche die gerade heißt, und frage in dem Hause des Judas nach Einem mit Namen Saulus aus Tarsus; denn siehe, er betet!‹ So sprach der Herr im Gesichte zu Ananias. (Apostelgeschichte 9, 11)« (ebd.: 301).
Eine ganz ähnliche Bekehrung deutet sich nun auch im Hause von Kara Ben Nemsis Gastgeber an. Kurz nach seinem zweiten Konzert hört der Erzähler
einzelne Töne des Klaviers erklingen; es war eine leise forschende Hand, welche die Tasten niederdrückte, und bald darauf kam der Dschibuktschi und bat mich, hinauf zu kommen. Droben stand eine der beiden Töchter; sie kam mir mit bittender Gebärde entgegen: »Effendi, verzeihe mir! Ich sehne mich, das Lied noch einmal zu hören, welches du gestern zuletzt gespielt hast.« »Du sollst es hören.« Sie setzte sich in einem Winkel nieder und lehnte den Kopf an die Wand. Ich aber spielte. Es war das herrliche Kirchenlied: »Hier liegt vor deiner Majestät im Staub die Christenscha[r]« [–]
vergleichbar also der »Kopf an Kopf gedrängte[n] Zuschauerschar« auf der breiten Straße. »Ich spielte diese Melodie einigemal und sang dann auch mehrere Strophen des Liedes. Das Mädchen hielt die Augen geschlossen und die Lippen leise geöffnet, wie um die frommen, feierlichen Töne leichter in ihr Inneres dringen zu lassen.« Das ist eine erotische Reminiszenz.
»Soll ich noch etwas spielen?« fragte ich am Schlusse. Sie erhob sich wieder und trat herbei. »Nein, Effendi, denn diese Musik soll durch keine andere beeinträchtigt werden. Wer ist es bei euch, der solche Worte und Töne singen darf?« »Sie werden von Männern, Frauen und Kindern in jedem Gotteshause der Christen gesungen. Und wer ein frommer Vater ist, singt mit den Seinen auch daheim solche Liede[r]« (ebd.: 333),
ganz ähnlich also, wie es Kara Ben Nemsi getan hat, der nun auf diese Weise vom Frauenverführer zum »fromme[n] Vater« geworden ist.12
»Herr, es muß schön bei euch sein! Ihr gewährt Freiheit euren Lieben. Eure Priester, welche euch erlauben, solche Lieder mit den Eurigen zu singen, müssen besser sein und freundlicher als die unserigen, welche behaupten, daß Allah dem Weibe keine Seele gegeben habe. Allah strafe sie und den Propheten für diese Lüge! Dir aber, Effendi, danke ich!« Sie ging hinaus, und ich blickte ihr schweigend nach. Ja, der Orient schmachtet nach Erlösung aus schweren, tausendjährigen Banden. Wann wird sie ihm werden? – Ich schloß das Instrument; ich konnte nicht weiterspielen, denn ein jeder Ton, welcher zu ihr drang, mußte den Eindruck des frommen Liedes verwischen, den sie sich bewahren wollte. Ich ging hinunter und ließ satteln (May 1988: 333).
Am Ende steht die religiöse Bekehrung und »Erlösung« aus den »Banden« des »Orient[s]«: genau besehen, eine nietzscheanische Wendung. Denn es ist Kara Ben Nemsis Männlichkeitskrise, die ihn zum »asketische[n] Priester« (Nietzsche 1999: 361) des Christentums werden lässt.
Karl Mays sogenannter Orientzyklus ist ein eklatantes Beispiel für ein orientalistisches Erzählen, wie es Edward W. Said beschrieben hat. Doch so schulbuchmäßig das hier betrachtete Damaskus-Kapitel des Romans Von Bagdad nach Stambul auf den ersten Blick Orient-Klischees verwendet und damit zu bestätigen, das heißt fortzuerzählen scheint, so radikal subvertiert, wenn man so will: dekonstruiert Mays Text zugleich diese Erzählmuster. Tatsächlich wird ja auf den zweiten, an Homi K. Bhabha geschulten Blick unter dem Größenwahn und der Hypervirilität des Ich-Erzählers Kara Ben Nemsi dessen bedrohte, wenn nicht schon verlorene Männlichkeit sichtbar. Dass aber ein schwacher Mann gerade aufgrund seiner Ohnmacht zum Moralapostel und Heilsversprecher wird, ist eine Einsicht, wie sie ebenfalls schon im Buche steht: nämlich bei Karl Mays Zeitgenossen Friedrich Nietzsche.
Anmerkungen
1 Vgl. hierzu grundlegend Berman 1997: 41-164, außerdem Schwagmeier 2006, Dunker 2011: 173-180, und Polaschegg 2007 und 2010: 96f., hier der Hinweis mit weiterführenden Verweisen auf die »in der Forschung umstritten[e]« »genaue Herleitung und Interpretation« des Namens »Ben Nemsi«, der »streng genommen nicht als ›Nachkomme der Deutschen‹ (›Kara Ben Almani‹)«, sondern als »›Nachkomme der Österreicher‹« im Sinne eines »mit habsburgischer Signatur versehene[n]« »utopische[n] Großdeutschland[s]« zu verstehen sei. – Vgl. außerdem Babka 2015; Zeilinger 2020 und Er 2014.
2 Vgl. zu diesem Zusammenhang den Katalog Is That Biedermeier? Amerling, Waldmüller and More zur gleichnamigen, 2016/17 im Unteren Belvedere in Wien gezeigten Ausstellung (vgl. Grabner/Husslein-Arco 2016). Der Katalog zeigt als Titelbild József Borsos’ The Emir of Lebanon von 1843, ein Porträt, das tatsächlich den österreichisch-ungarischen Edmund Graf Zichy (1811-1894) darstellt, den Gründer des Orientalischen Museums in Wien.
3 In Goethes West-östlichem Divan beginnt – ausgerechnet – das Gedicht Anklang mit einer »Huri« (Goethe 1998: 118-122; Hervorh. i.O.). Vgl. allgemein Jarrar 2002.
4 Zum Zusammenhang von ›Eindringen‹ und Gewalt: »Er öffnete den Christen, welche bei ihm Schutz suchten, sein Haus und streifte […] durch die Stadt, um die Flüchtenden in der alten Zitadelle unterzubringen. Als er ungefähr zehntausend Christen dorthin gerettet hatte, wollten die Mordbanden mit Gewalt eindringen« (May 1988: 302). »›Es wird geraten sein, deine Truppen zu teilen. Die eine Hälfte kann sich mittels des Wortes Eingang durch die Thür verschaffen, und die andere Hälfte mag durch die Oeffnung eindringen, durch welche du entwichen bist‹« (ebd.: 426). »›So müssen wir mit Gewalt eindringen!‹« (ebd.: 537).
5 Zum Goldenen Horn vgl. Elsaghe 2012.
6 Vgl. hierzu mit Blick auf den Tod in Venedig Elsaghe 2000: 39-52.
7 Dieser Wertung folgt anscheinend noch eine so subtile Leserin wie Polaschegg, wenn sie von »Damaskus« als »Heimstatt von verwestlichten Stadtwohnungen« spricht, »die sich vor allem durch die Geschmacklosigkeit ihres hybriden west-östlichen Interieurs auszeichnen« (Polaschegg 2010: 101).
8 Johannes Zeilinger zufolge ist »die Integration Mays in die ›postcolonial studies‹ mehr eine unterkomplexe, theorielastige Gedankenspielerei als eine Erkenntnis mit Substanz«, weil »Wolfram Pyta darauf hingewiesen« habe, »dass die Schriften Mays und mit ihm Kara Ben Nemsi im kolonialen Diskurs des Deutschen Kaiserreiches überhaupt keine Rolle spielten«. »Auch die von Said postulierte Verknüpfung von Alterität und Identität, also die Konstitution einer eigenen Identität durch Abgrenzung von einem erfundenen Orient«, könne »für Deutschland, genauer gesagt für das Deutsche Reich, nicht bestätigt werden.« (Zeilinger 2020: 122) Zeilinger bezieht sich hier auf Pyta 2010: 16.
9 Diese und alle weiteren runden Klammern in Zitaten gibt die hier zitierte Von-Bagdad-nach-Stambul-Ausgabe als Fußnoten wieder.
10 Bhabha spricht von »the ruse of recognition«, der ›List der Anerkennung‹. »Hybridity has no […] perspective of depth or truth to provide: it is not a third term that resolves the tension between two cultures, or the two scenes of the book, in a dialectical play of ›recognition‹. The displacement from symbol to sign creates a crisis for any concept of authority based on a system of recognition: colonial specularity, doubly inscribed, does not produce a mirror where the self apprehends itself; it is always the split screen of the self and its doubling, the hybrid.« (Bhabha 1994: 162; Hervorh. i.O.)
11 Vgl. zu diesem die Leserinnen und Leser einschließenden ›Wir‹ Said: »None of the Orientalists I write about seems ever to have intended an Oriental as a reader. The discourse of Orientalism […] w[as] […] designed for readers and consumers in the metropolitan West. […] [A]ll of […] [the Orientalists mentioned] condescended to and disliked the Orientals they either ruled or studied.« (Said 1979: 336)
12 Vgl. zum »konfessionell gänzlich unkonturiert[en]« »Christentum, das Kara Ben Nemsi eher (vor)lebt als predigt«, Polaschegg 2010: 105.
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